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Friedersdorf Friedersdorf: Vermisstes Schwein mit einem Schlag geschlachtet

Von ANDREAS HÜBNER 19.10.2010, 15:21

FRIEDERSDORF/MZ. - Einen Hammer hat sie zu Hause oder auf einer Baustelle zwar schon öfter in der Hand gehabt, verriet Pfarrerin Annette Bohley, aber noch "nie in der Kirche, um ein Schwein zu schlachten." Blutig war die Angelegenheit allerdings nicht, denn jenes Orgelschwein war aus Porzellan und wurde ausschließlich mit Spenden gemästet. Am Dienstag trafen sich die Mitglieder und Freunde des Förderkreises der Friedersdorfer Kirche im besagten Gotteshaus, um in gemütlicher Runde Bilanz zu ziehen. Im Mittelpunkt stand die Rühlmannorgel und deren Komplettrestaurierung.

Der beauftragte Orgelbauer Rainer Wolter, der seine Werkstatt in Dresden hat, erklärte den Stand der Dinge. Derzeit ist die Orgel lediglich in ihren Einzelteilen zu bewundern. In den hinteren Sitzreihen des Kirchenschiffes sind die verschiedenen Pfeifen und Register vorerst aufgereiht und das hölzerne, kunstvoll verzierte Gehäuse steht einsam und leer auf der Orgelempore und wirkt dort schon fast wie Skelett.

Wolter erklärte den interessierten Gästen die weitere Vorgehensweise vor Ort. "Im November werden nach und nach wieder alle Register und Pfeifen eingebaut", sagte Wolter, der im Übrigen auch einlud, diese Tätigkeiten zu beobachten. Spätestens Mitte November komme es dann zur klanglichen Rückführung der Register und schlussendlich zur Stimmung jeder einzelnen Pfeife.

"Unser Ziel ist es", so der Handwerksmeister, "wieder den originalen charmanten Klang des Instrumentes zu erreichen." Davon kann sich dann im Übrigen am Vorabend des 3. Advents jeder selbst überzeugen. Bohley: "Am 11. Dezember findet während einer gemeinsamen Andacht ein Einweihungskonzert statt." Die bekannte Organistin Jekaterina Leontjewa wird die Ehre haben, die restaurierte Orgel erstmalig zum Klingen zu bringen.

Das Orgelschwein, das am Dienstag sein letztes lautloses Quieken von sich gab, erlag bereits dem ersten Schlag der Pfarrerin. Der Inhalt bewegte die Anwesenden sofort zu erstaunten Äußerungen, denn die Spardose war tatsächlich noch einmal prall gefüllt. Obwohl die Vorsitzende des Förderkreises, Eva Geidel, zugab, es zuletzt sogar aus den Augen verloren zu haben. Kürzlich spielte es auf der Geburtstagsfeier des Landtagsabgeordneten Lars-Jörn Zimmer eine Hauptrolle. Statt Geschenke wünschte er sich von seinen zahlreichen Gästen, dass sie unter anderem für die Friedersdorfer Kirche spenden. "Ich fühlte mich eigentlich von Anfang an mit dem Förderkreis verbunden", beschrieb Zimmer seine Motivation, das Unternehmen zu stärken.

Am Ende der Veranstaltung wollte Eva Geidel das Schwein wieder mitnehmen, konnte es aber nicht finden. Umso erfreuter zeigte sie sich dann ein paar Tage später, als sie erfuhr, dass der Kommunalpolitiker, sich selbst dem erneut prall gefüllten Schwein annahm. Insbesondere, da zu diesem Zeitpunkt die Geburtstagsgäste insgesamt bereits 1 400 Euro auf das entsprechende Konto überwiesen hatten. Bei der Zählung am Dienstag konnten inklusive einiger Last-Minute-Spenden noch einmal knapp 2 000 Euro gezählt werden.

Insgesamt haben die Initiativen der 33 Mitglieder des im Jahre 2004 gegründeten Förderkreis somit cirka 36 000 Euro erbracht. "Die Gesamtkosten für die Orgel werden sich auf etwa 57 000 Euro belaufen", so Frau Geidel während ihrer kleinen Rede. Sie betonte, dass die Porzellan-Sparbüchse in den vergangenen Jahren nur ausreichend und prall gemästet wurde, wenn es in Begleitung der engagierten Mitglieder war.

Natürlich erwähnte sie auch weitere Großspender. In allererster Linie bedankte sie sich bei der Kreissparkasse Anhalt-Bitterfeld, "die uns mit 15 000 Euro unterstützte". Aber auch die hiesige Deutsche Bank habe, so Geidel, 3 000 Euro für das Projekt gespendet. Unerwähnt blieben natürlich auch die vielen Privatpersonen nicht, welche Patenschaften für die einzelnen Pfeifen übernahmen.

"Obwohl recht schnell alle Pfeifen verkauft waren, gingen trotzdem weitere Spenden ein", so Frau Geidel. Annette Bohley bedankte sich im Namen des Gemeindekirchenrats beim Förderkreis für die gute Zusammenarbeit. "Die Orgel ist sehr wichtig für uns", erklärte die Pfarrerin. Auch sie freue sich schon auf das Einweihungskonzert im Dezember, sagte sie.