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Firmen der Region: Walepo Firmen der Region: Walepo: Handarbeit für den Maybach

Von Christine Krüger 25.06.2004, 16:11

Pouch/MZ. - 30 Mitarbeiter, Fachkräfte in der Lederverarbeitung, sind beschäftigt. Sie fertigen vor allem die Lederummantelung der Schaltknüppel, Armaturenbrett- und Türverkleidung für Autos der Ober- und Sportklasse von Mercedes-Benz und BMW. Sowohl für die aktuellen Modelle als auch für jene, für die nur noch Ersatzteile gebraucht werden. So umfasst allein die Palette für Mercedes 600 verschiedene Varianten an Schaltknüppeln. Hans-Joachim Lehmann, Chef des Unternehmens, kann sie alle aus dem Hut zuordnen.

Der Produktionsprozess beginnt beim Konstruieren der Stanz-Formen und endet mit einer Qualitätskontrolle, die vom Feinsten ist. Enrico Seidel zum Beispiel, der die einzelnen Lederteile ausstanzt, hat den geschärften Blick dafür, welche Teile der Rinderhaut überhaupt in Betracht kommen.

Hier und da hat er kleine weiße Kringel aufgemalt: Winzige Narben machen dieses Stück unbrauchbar. "Von 6 000 Häuten, die in die Auswahl kommen, werden letztlich nur 60 wirklich verarbeitet", erklärt Lehmann. Und zwar so wie bei einem Damentäschchen von Aigner. Jeder Stich einer Naht, die mehrfach durch Scharniere, Klappen, Armaturen unterbrochen ist, hört genau dort auf, wo der nächste anfangen muss, um eine Linie zu ergeben. "Was um eine Winzigkeit verrutscht, ist Pfusch. So einfach ist das", sagt Frank Rolfes, der speziell für die Maybach-Produktion zuständig ist. "Wir bringen die Qualität. Sonst wären wir nicht mehr dabei."

Rolfes hat hier gelernt. Damals hieß das Unternehmen noch Schuhhaus Walter Lehmann, Pouch (Walepo). Die Produktionslinien sahen anders aus, denn auf ihnen wurden Schuhe hergestellt. Die Wurzeln der Firma reichen bis 1922 zurück, als der Urgroßvater des jetzigen Chefs begann, Schuhe zu reparieren. Später hat er Maßschuhe hergestellt. "Das war damals so üblich", stellt Lehmann fest. "Und das Geschäft lief gut. Bis zum Krieg." Dann hat sein Vater die Firma übernommen. Igelit-Schuhe hat er angefertigt. Das lag nahe, zumal gleich um die Ecke in Bitterfeld PVC in Massen produziert wurde. Als Ende der 40er Jahre alle die Nase voll hatten von den Plastik-Schlappen, begann Walter Lehmann wieder Schuhe aus Leder herzustellen. Den akuten Mangel an Leder zu DDR-Zeiten - "Von dem wenigen, was da war, blieb dem kleinen Handwerker nur der schlechte Rest." - überbrückte er gekonnt: Er spezialisierte sich auf Hausschuhe aus Textil. Und, streng genommen, war genau das der Ausgangspunkt für das heutige Geschäft.

Eine Reise in Sachen Hausschuh-Export brachte den Schuhtechnologen und Betriebswirt Hans-Joachim Lehmann, der seit 1986 die Familientradition fortführt, mit Leuten aus der Autobranche zusammen. Glücklicher Zufall, sagt er dazu. Denn nach der wirtschaftlichen Neuordnung im Osten sah auch er keine Chance mehr für sein Produkt.

"Da habe ich mich an die Auto-Leute aus Bayern erinnert. Und die haben uns gewollt", blickt er zurück. Seit 1990 ist Walepo zuverlässiger Zulieferer der Branche. Doch auch im Automobilbau ist der Boom durch. "Wir hoffen auf einen Aufschwung", so Lehmann. "Ich musste Arbeiter entlassen, das tut weh. Zumal ich sehr, sehr stolz darauf bin, dass der Firma einige Leute von der Lehre bis zur Rente die Treue gehalten haben. Wie Lothar Wötzel zum Beispiel oder Alfred Richter."

Lehmann hat rund 200 000 Euro in den vergangenen Jahren in das Familienunternehmen investiert. Die Produktionsräume sollen jetzt erweitert, modernisiert werden. Auch damit will er in der Branche konkurrenzfähig bleiben, er muss es. "Es ist nicht zu glauben, wie lange Genehmigungswege hier sind", sagt er und winkt ab, wissend, dass ihm die Zeit im Nacken sitzt.

In der Produktion ist es inzwischen eng geworden. Neben der Stanze hat Alexej Konichtchev, der seit acht Jahren im Betrieb ist, seinen Arbeitsplatz. Konichtchev, sagt Lehmann, ist sein "Mann mit den goldenen Händen". Er entwickelt Stanzformen - auch für ganz spezielle Aufträge. "Das muss alles passen. Und: Es passt. Er kann alles."