Film über Käthe Kollwitz Film über Käthe Kollwitz: Schauspielerin Jutta Wachowiak ging bis an ihre Grenzen

Wolfen/MZ - Jutta Wachowiak, blaue Augen, graues Haar und 162 Zentimeter zierlich, plant noch lange keinen Abschied von Bühne und Leinwand. Das verriet sie dem Publikum im Industrie- und Filmmuseum, das gerade den DEFA-Streifen „Käthe Kollwitz - Bilder eines Lebens“ gesehen hatte. Da spielt sie die Hautrolle.
Auch im Schauspielhaus Bochum ist sie gleich mehrfach zu sehen. In „König Richard der Dritte“ spielt sie die Herzogin von York, in „Was ihr wollt“ gibt sie den Narren. „Eine Zeit lang verstand ich die neue Theaterästhetik nicht mehr. Aber inzwischen habe ich mein Misstrauen verloren. Das war wichtig für mich. Ich habe es nicht bereut, wieder ganz am Anfang, bei jungen Leuten, anzudocken“, wusste sie zu berichten.
Käthe Kollwitz (1867 - 1945) zählt zu den bekanntesten deutschen Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts. Die Grafikerin, Malerin und Bildhauerin wurde bekannt mit ihren teilweise erschreckend realistischen Arbeiten, die Armut, Not, Krieg, Unterdrückung und soziales Elend thematisieren.
Während Künstlerkollegen wie Adolph Menzel oder Otto Nagel sie dafür verehren, bezeichnet Kaiser Wilhelm II. ihre sozialkritischen Arbeiten als Rinnsteinkunst. Ihrer Meinung nach hat Kunst die Aufgabe, die sozialen Bedingungen darzustellen.
Kollwitz war Mitglied in der Künstlerorganisation Berliner Secession, arbeitete für die Internationale Arbeiterhilfe. 1919 wurde sie Professorin und damit als erste Frau Mitglied der Preußischen Akademie der Künste.
Im „Ersten“, gab die Potsdamerin im Gespräch mit Paul Werner Wagner zudem preis, werde sie in „Die letzten Millionen“ zum Beispiel an der Seite von Michael Gwisdek, Ursula Karusseit, Dieter Mann und Anna Loos agieren. Eine Geschichte, die laut der im Dezember gerade 73 gewordenen Wachowiak auf die immer älter werdenden Konsumenten der TV-Kost zugeschnitten ist. Erzählt wird – ein Ausstrahlungstermin steht noch nicht fest - von einer betagten Tippgemeinschaft in einer Berliner Seniorenresidenz, die völlig unverhofft den 30 Millionen schweren Jackpot knackt. Für die Schauspielerin im Übrigen kein unangenehmer Dreh: Für eine knappe Woche führte er nach Südafrika, so dass sie ein paar Urlaubstage anhängen konnte, wie sie erzählte.
Eigentlicher Anlass ihres Besuches im Industrie- und Filmmuseum war nun der DEFA-Streifen „Käthe Kollwitz - Bilder eines Lebens“ aus dem Jahr 1987, in dem Jutta Wachowiak die anspruchsvolle Rolle der Titelfigur übertragen wurde. „Da habe ich mich sehr geehrt gefühlt“, erinnerte sich die Schauspielerin. Der Künstlerin angenähert habe sie sich vor allem über deren Tagebücher. „In ihnen begegnete mir eine genaue Beobachterin und auch zärtliche Frau.“ Ungewöhnlich an der Produktion unter der Regie von Ralf Kirsten: Am Anfang sitzt Jutta Wachowiak in der Maske und wird in Käthe Kollwitz (8. Juli 1867 - 22. April 1945) verwandelt. Auch später springt die Handlung immer wieder in die Gegenwart. Dann besucht die Darstellerin zum Beispiel in Belgien die Kriegsgräberstätte Vladslo. Dort steht die zweigeteilte Skulptur „Trauerndes Elternpaar“ von Käthe Kollwitz. Die Figuren tragen die Gesichtszüge von ihr und ihrem Mann.
Der Film verzichtet in der Collage von „lauter authentischen Tupfern“ (Wachowiak) gleichwohl auf allzu platt-plakative politische Statements, sondern gibt sich zurückhaltend, ohne an Eindringlichkeit einzubüßen. So ist das Silvesterfeuerwerk 1913 zwar zu hören, doch klingen die Böller wie Geschützdonner und Granatheulen, die das kommende Blutvergießen ankündigen. Anrührend auch diese Szene: Während die Kollwitz, deren Mann Karl (Fred Düren) als Armenarzt in Berlin praktiziert, im Oktober 1914 noch einen Brief an ihren Sohn Peter formuliert, der sich - mithin auf Drängen der Eltern - freiwillig an die Front meldete, weiß Haushälterin Lina (Carmen-Maja Antoni) bereits, dass der junge Mann gefallen ist. „Zurück tot“ ist auf der Post gestempelt. Den dicken Packen zu öffnen, schreckt die Mutter zurück. Fortan wird sie versuchen, dem Tod, diesem schrecklichen Feind, der sich hinter tausend Masken verbirgt, das Handwerk zu legen.
„Sie hat ihren Schmerz - Enkel Paul kam im zweiten Weltkrieg um - künstlerisch verarbeitet. Ihre Resultate“, so Jutta Wachowiak über die erste Frau, die am 29. Mai 1929 - da war sie schon seit zehn Jahren Professorin - in den preußischen Orden Pour le Mérite für Wissenschaft und Künste aufgenommen wurde, „sind einerseits von einer enormen Strenge und Gründlichkeit. Andererseits wohnt ihnen viel Wärme inne.“ Eine Wärme, die auf die Schauspielerin weiterhin anziehend wirkt. „Ich habe sie sehr lieb. Ich kann damit nicht aufhören“, beschrieb sie die Beziehung zur Künstlerin, deren Arbeiten sich oft durch einen erschreckenden Realismus auszeichnen. Münden werde diese innige Verbindung, so die gebürtige Berlinerin, wohl in die Überarbeitung eines Programms über Käthe Kollwitz. 2014 sei dafür gut geeignet: Vor 100 Jahren begann der 1. Weltkrieg.