Engagiert im Dorf Engagiert im Dorf: Warum sich die Schwemsaler in ihrem Ort so wohlfühlen

Schwemsal - Um es vorweg zu nehmen: Der Rundgang durch Schwemsal mit Gottfried Weihe, Einwohnern und MZ fand statt, als das Thema Corona noch nicht Besitz vom Alltag der Menschen ergriffen hatte. Trotz des strömenden Regens an diesem Tag samt Wind und Kälte, der den Rundgang letztlich verhindert, ist ein gutes Dutzend Leute zum vereinbarten Treffpunkt „Haus Einkehr“ in Schwemsal gestiefelt.
Was den Leuten gefällt in ihrem Ort und was nicht, worüber sie sich ärgern und was sie vermissen, ist dennoch zu erfahren. Denn Ortsbürgermeister Gottfried Weihe (parteilos) lädt kurzerhand in die Pension und verwandelt den Rundgang damit quasi zu einem Rundtisch-Gespräch. Und die daran sitzen, wissen genau, wovon sie reden.
Eigentlich, so der Tenor, fühlen sie sich sehr wohl in ihrem Ort. Denken heute noch mit Stolz daran, dass sie 2003 als „Schönstes Dorf“ im damaligen Landkreis Bitterfeld gekürt wurden. Im gleichen Jahr hat nach umfangreichem Um- und Ausbau auch die Gutsscheune eröffnet und sich zu einer Stätte der Begegnung entwickelt.
Gepflegt ist der 600-Seelen-Ort am Rande der Dübener Heide nach wie vor
Damit liegen aber auch gleich zwei Probleme auf dem Tisch. In der Gutsscheune nämlich, bedauern die Leute, sei seit dem Pächterwechsel vor zwei Jahren mehr oder weniger Ruhe eingekehrt. Veranstaltungen seien selten geworden, nicht regelmäßig geöffnet. „Die vielen kulturellen Angebote, die es früher gab, vermisse ich schon sehr“, sagt Karin Mulack. Und dass sie heute als Dorf wieder einen „Schönheitswettbewerb“ gewinnen würden, glauben die Einwohner auch nicht.
Oh doch, gepflegt ist der 600-Seelen-Ort am Rande der Dübener Heide nach wie vor, es wird Hand angelegt - nicht nur im eigenen Wohnumfeld. Doch die öffentlichen Flächen, deren Pflege seit der Bildung der Gemeinde Muldestausee 2010 in deren Verantwortung liegt, werden ihrer Meinung nach nicht genügend berücksichtigt. „Aber die Beschäftigten vom Bauhof können ja auch nicht in allen 13 Ortsteilen gleichzeitig sein“, meint Helga Grandke. Besser finden würde man, wäre überall ein Bauhofler auch regelmäßig zugange.
Gottfried Weihe ist schon seit 1994 Ortschef - erst als Bürgermeister und seit 2010 als Ortsbürgermeister
Es gehe nicht gegen die Eingemeindung, sagt Gottfried Weihe, der schon seit 1994 Ortschef ist - erst als Bürgermeister und seit 2010 als Ortsbürgermeister. Aber der „Einheitsbrei“, der für alle gekocht werde, stimme oft unzufrieden. „Warum müssen unsere Straßen durch Kehrmaschinen gereinigt werden, wo wir es doch früher selbst gemacht haben und auch weiter tun würden?“
Zumal die Rinnen an manchen Stellen nicht richtig sauber würden und dort Unkraut schieße, wie Ursula Schröter ergänzt. Als weiterer Kritikpunkt in dieser Hinsicht wird der fehlende Informationsfluss genannt. „Vieles erfahren wir nicht von der Verwaltung und unsere Anfragen bleiben manchmal lange unbeantwortet“, sagt Ortschaftsrat Wolfgang Grube.
Doch natürlich wird nicht nur gemeckert am „Runden Tisch“. Vieles macht das Heidedorf lebens- und liebenswert. Es gibt zwar nicht viele Vereine - „aber dafür umso aktivere“, lobt Weihe. Feuerwehr-, Angel- und Kegelverein, eine Ortsgruppe des Heidevereins, den SeniorenClub.
Kita „Wurzelbude“, wo die Eltern erst vor kurzem ein neues Spielgerät installierten
Highlights sind immer das Fußballspiel zum 1. Mai mit Volksfestcharakter und das Osterfeuer - federführend von Feuerwehr und Anglern auf die Beine gestellt und von allen Schwemsalern unterstützt. Die Angler kümmern sich obendrein um die Teiche. Der Dorfteich führt auch wieder Wasser, weil die Zulaufgräben gereinigt wurden und zudem viel Regen fiel - wie ja heute beim Treffen auch gerade wieder ...
Es gibt die Kita „Wurzelbude“, wo die Eltern erst vor kurzem ein neues Spielgerät installierten, einen Förderkreis, der die Orgel in der Erlöserkirche wieder zum Klingen bringen will, einen aktiven Kirchenverband, der so einige Feste organisiert.
Und der kircheneigene Friedhof, möchte Martina Heinz unbedingt ein Lob loswerden, werde durch die behinderten Menschen vom Diakonieverein hervorragend gepflegt. Was sie sich indes wünscht: Dass irgendwann auch der Radweg nach Bad Düben, wo die Schwemsaler Einkäufe sowie Arzt- und Behördenwege erledigen, endlich zu einem wirklichen Weg für Radler wird. (mz)



