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Echte Körper? Fehlanzeige! Echte Körper? Fehlanzeige!: Umstrittene Schau in Wolfen blieb Donnerstag geschlossen

Von Ulf Rostalsky 26.01.2018, 05:00
Besucher der Schau „Echte Körper on tour“ stehen am Donnerstag in Wolfen vor verschlossener Tür.
Besucher der Schau „Echte Körper on tour“ stehen am Donnerstag in Wolfen vor verschlossener Tür. André Kehrer

Wolfen - Echte Körper bestaunen und dabei von den Toten lernen: In fetten Lettern werben die Macher der Ausstellung „Echte Körper on tour“ mit ihrem Blick in eine meist fremde Welt.

Der menschliche Körper pur und ohne künstlerische Schnörkel soll ziehen, die Schau bilden. In Wolfen-Nord sorgte sie am Donnerstag allerdings für Verblüffung. Denn der Veranstalter wollte plötzlich statt echter Körper nur Plastikmodelle zeigen. Doch letztlich blieben die Türen ganz zu.

Ein Rest-Briefumschlag klebt an der Türscheibe des früheren Supermarktes, darauf mit Kuli die Botschaft „Ausstellung fällt heute aus.“ Dazu eine Handynummer. Echte Körper Fehlanzeige. „Es gibt noch Klärungsbedarf“, sagt Veranstalter Leon Sperlich am Telefon. „Wir werden auf der Internetseite schreiben, wann wir öffnen.“ Ob das heute, morgen, Sonntag oder gar nicht geschieht, scheint momentan völlig offen.

Nur Plastik-Exponate oder auch echte Körper?

Mitarbeiter des Ordnungsamtes hatten am Donnerstagmorgen noch eine Vor-Ort-Besichtigung durchgeführt. Dort teilte ihnen der Veranstalter laut Bitterfeld-Wolfens Stadtsprecherin Katrin Kuhnt mit, dass er nur Plastik-Exponate von menschlichen Körpern zeigen werde.

„Echte Körper oder Teile werden nicht gezeigt, da hierfür die erforderlichen Nachweise zur Einwilligung noch nicht vorliegen“, so Kuhnt. Erst wenn der Veranstalter diese angeforderten Nachweise vorlegt und diese einer Prüfung standhalten, könnten auch echte Körper beziehungsweise Körperteile gezeigt werden.

Sperlich äußert sich zur Forderung der Stadtverwaltung nicht. Auch nicht dazu, wie viele Plastikmodelle zur Tour gehören und wie groß der Anteil echter Körper wirklich ist. Da die Schau seit Jahren durch Deutschland zieht, stellt sich die Frage, wieso die Vorlage der Dokumente solche Probleme macht. Auch warum zumindest die Teilöffnung mit Plastikmodellen am Donnerstag nicht stattfand, bleibt offen.

Viele neugierige Blicke vor einer verschlossenen Ladentür

Neugierigen blieb nur der Blick durch die verschlossene Ladentür. Zu sehen war nicht viel. Möglicherweise mit Tüchern verhüllte Ausstellungsvitrinen, dazu Tisch und Stuhl, die wohl als Kassenbereich dienen sollen. „Ich war neugierig. Das ist doch interessant, einen Menschen von innen zu sehen“, sagt eine Wolfenerin, das Rad in der Hand. „Ich werde morgen noch einmal vorbeischauen. Das will ich mir nicht entgehen lassen.“

Andere Passanten finden weniger freundliche Worte. Hubert Kersten ist verärgert, spricht von Dummfang. „Wir dachten, dass ist die Körperwelten-Ausstellung und haben uns gewundert, dass die so einen Abstieg erlebt haben muss“, erklärt ein Dessauer Paar.

Nicht das erste Mal, dass die Ausstellung wegen fehlender Nachweise ausfallen musste

Statt künstlerisch in Szene gesetzter menschlicher Körper nach Gunther von Hagens Art, erlebt das Paar einen mit Graffiti übersäten Supermarkt samt verschlossener Tür. „Ich habe mich schon gewundert. Ich war gestern schon mal hier, habe den Ort gesucht. Keine Aufsteller, keine Hinweisschilder, nichts“, schildert der Mann aus Dessau skeptisch.

„Echte Körper on tour“ ist umstritten. Zwar werben die Veranstalter mit Faszination, Wissensvermittlung und Erlebnis in einer meist unbekannten Welt. Kritik mussten sie aber häufiger wegen der Wahl der Ausstellungsorte einstecken. Selbst das Versagen der Genehmigung ist nicht neu. Wegen fehlender Nachweise zu den Toten hatten zum Beispiel Bonn, Stade und Hannover die Schau untersagt. (mz)

Ein handgeschriebener Zettel verkündet die Schließung.
Ein handgeschriebener Zettel verkündet die Schließung.
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