Drückjagd im Goitzsche-Wald Drückjagd im Goitzsche-Wald bei Bitterfeld: Jäger erlegen weniger Tiere als vermutet

Bitterfeld - Vor ihrer letzten Reise liegen die Tiere da, reihenweise und aufgebrochen, wie die Jäger diese „Strecke“ nennen. Rund 60 Männer in jagdgrüner und grell-orangener Kleidung stehen im Halbkreis, die Mützen und Hüte halten sie anstandshalber in den Händen.
So ist es Tradition, wie vieles hier. Einige der Hände sind blutig vom Aufbrechen. Die Bläser spielen ihre kurzen Lieder, je eines für die Wildschweine, die Rehe und die Füchse. Dann ist die Drückjagd in der Goitzsche beendet.
Die Bilanz der groß angelegten Jagd von BUND, DBU, der Stadt Bitterfeld-Wolfen, der LMBV und der Blausee GmbH fällt mager aus. „Wir haben mit wesentlich mehr Schwarzwild gerechnet“, erklärt Jagdleiter Benedikt Zirnsak vom Bundesforst. 29 Wildschweine sind erlegt worden, darunter auch recht junge, die noch kein volles Lebensjahr erreicht haben. In anderen Jahren brachten die Jäger bei einer Drückjagd schon weit über 100 Sauen und Keiler zur Strecke.
Schäde durch Wildschweine als Anlass für Drückjagd an der Goitzsche
Ein Grund für die nicht unumstrittene Jagdmethode seien die Schäden gewesen, die die Wildschweine anrichten, erklärt Zirnsak. Und diese Schäden sind mitunter nicht zu übersehen. In Greppin ist beispielsweise der Hochwasserschutzdamm der Mulde völlig durchwühlt. Nach Angaben des Landesamts für Hochwasserschutz sind derartige Schäden nicht zu unterschätzen.
Das Wasser würde die umgegrabenen Bereiche schnell unterspülen - ein Dammbruch würde wahrscheinlich. Ein anderes Beispiel für die Folgen der Wildschwein-Futtersuche war im Spätsommer auf dem Greppiner Fußballplatz zu beobachten - dort hatten die Schweine den Rasen regelrecht umgepflügt. Hoher Sachschaden ist entstanden, die Stadt Bitterfeld-Wolfen stellte provisorische Zäune zur Abwehr der Wildschweine auf.
Nach der Drückjagd am Samstag fehlen nun also 29 Wildschweine im einige Kilometer entfernten Goitzsche-Wald. Außerdem haben die Treiber und ihre Hunde den Schützen 32 Rehe vor die Flinten getrieben. Drei Jagdhunde wurden am Wochenende durch Wildschweine verletzt. Der Preis für die Jagd ist hoch.
Geschossene Tiere gehen an einen Wildbrethandel in Mecklenburg-Vorpommern
Trotzdem sind viele bereit, ihn zu zahlen, beispielsweise Tilman Kazmierczak. Der junge Zahnarzt aus Düsseldorf ist an die Goitzsche für die erste Jagd seines Lebens gekommen. „Ich habe erst vor einem Monat meine Jagdprüfung bestanden. Das jetzt in echt zu erleben war spannend.“
Für ihn war es vor allem interessant, das Verhalten seines Hundes „Edgar“ zu beobachten. Der Dackel kommt von einer Züchterin. „Deren Bedingung war, dass der Hund zu einem Jäger kommt“, erzählt Kazmierczak. So landete er bei der Jagd. Nun soll Edgar noch eine Schutzweste bekommen, damit ihm die Wildschweine bei der nächsten Jagd weniger anhaben können.
Die wirklich letzte Reise legen die erlegten Tiere übrigens mit einem Lkw eines Wildbrethandels zurück. Es geht in ein Kühlhaus in Mecklenburg-Vorpommern. (mz)

