Die rollende Freiheit Die rollende Freiheit: Familie Kuhfuß aus Friedersdorf setzt seit den 80ern aufs mobile zweite Zuhause

Friedersdorf - Aller 300, Lausitz 310, LC 9-200 - kein internationaler Geheimdienst knackt wohl diesen Code, aber jeder Camper. Hinter den Buchstaben- und Zahlenkombinationen verbirgt sich die Freiheit inmitten der Natur mit einem Hauch Romantik und Abenteuer in den eigenen rollenden vier Wänden.
Wohnwagen bekamen zu DDR-Zeiten diese sonderbaren Namen verpasst. Diese Typen wurden für viele zum zweiten Zuhause, erinnert sich Hartmut Kuhfuß - auch für jenen Mann, der heute Chef der gleichnamigen Caravan Center GmbH an der B100 ist. „Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht“, erzählt er.
Kuhfuß baute sich vor der Wende seine Wohnwagen selbst zusammen
Hartmut Kuhfuß setzte in jungen Jahren nicht auf genormte Camping-Fabrikate aus der Konsumgüterproduktion der Volkseigenen Betriebe, sondern auf Exoten aus der eigenen „Produktion“. Kuhfuß baute sich seine Wohnwagen selbst zusammen. Zwölf mögen es vor der Wende wohl gewesen sein, schätzt der Tüftler. Seine Bauanleitungen: bunte Heftchen aus dem Westen. Die fanden irgendwie den Weg in Kuhfuß’ Werkstatt.
Zwei Jahre werkelte er mit seinem Vater Anfang der 1980er Jahre an seinem ersten ganz persönlichen Freiheitstraum. „Und als das Schätzchen rollte, war es ein wahrer Hingucker.“ Glasfaserverstärkter Kunststoff aus Oschatz, Profile aus Rackwitz - all das zu besorgen, brauchte eben seine Zeit. Selbst entworfen, konstruiert, gebaut: Zulassung kein Problem. Aber Kuhfuß hatte eben auch einen richtigen Job - als Automatisierungstechniker. Für ihn und seine Familie werden diese Zeiten unvergessen bleiben.
Camping ist längst kein Billigurlaub mehr, weiß auch Sohn Torsten Loth
Aber es sind neue Zeiten angebrochen, um unbekannte Welten zu erobern. Einzig der Freiheitsgedanke ist geblieben. Kaum ein Anhänger wird noch selbst zusammengezimmert. Urlaub mit dem Caravan boomt. Alle Wohnmobile sind raus. „Vermietet“, plaudert Kuhfuß. Heute rollt der Luxus auf den Autobahnen und Landstraßen. Camping ist längst kein Billigurlaub mehr, weiß auch Sohn Torsten Loth. Der ist - wie soll es anders sein - gelernter Caravantechniker.
Doch bevor er sich ins Familienunternehmen einreihte, nahm er sich die Welt vor. Alle Kontinente habe er gesehen - bis auf Afrika. Als er vor ein paar Jahren wieder in Friedersdorf strandete, fand er nach seiner Rückkehr weise Worte, zitiert Hartmut Kuhfuß gern seinen Sohn: „Für mich ist die Welt kleiner geworden. Ich bin in 24 Stunden zu Hause“. Dort will er erstmal bleiben. Die Unruhe treibt den 31-Jährigen nicht mehr um.
Das Wassergrundstück wurde zum Opfer der Flut 2002
Mittlerweile sind es 21 Jahre, in denen Hartmut Kuhfuß und seine Frau Renate Loth ihr Geschäft mit der rollenden Freiheit an der B100 führen - mit Höhen und Tiefen. Letzteres bewegte das Paar 2002. Wenn Kuhfuß heute über sein „Wassergrundstück“ spricht, kann er wieder lächeln. Damals war ihm danach nicht zumute. Die Flut nahm ihm auf Zeit seinen Lebensinhalt. Einfach so. Eine Woche stand das Wasser im Geschäft.
Dann folgte eine Welle. Die der Hilfsbereitschaft. Freunde und Kunden packten mit an. „Ohne sie hätten wir es wohl nie geschafft“, erinnert sich der Geschäftsmann. Der verbringt seinen Urlaub übrigens nicht im Hotel, sondern genießt die rollende Freiheit. „So lange es geht.“ (mz)

