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Die "100" Die "100": Bitterfelds ältester Lebensmittelmarkt macht wieder auf

Von Frank Czerwonn 17.12.2016, 11:00
Irene Hacker will es noch mal wissen und übernimmt ab Januar den Traditionsmarkt „100“.
Irene Hacker will es noch mal wissen und übernimmt ab Januar den Traditionsmarkt „100“. André Kehrer

Bitterfeld - Der Schock sitzt tief bei den Kunden. Bitterfelds ältester noch existierender Lebensmittelladen, der Konsum „100“ in der Burgstraße, hat aufgegeben. Mit seiner Schließung am 5. Dezember ist eine Ära zu Ende gegangen. Die dahinterstehende Konsumgenossenschaft Burg-Genthin-Zerbst hat den Mietvertrag zum Jahresende gekündigt (die MZ berichtete). Die Trauer ist groß. Doch Totgesagte leben manchmal länger. Und so verkünden plötzlich rote und weiße Buchstaben am Schaufenster: „Konsum 100 - Es geht weiter“. Erlebt die Verkaufsstelle, die seit den 60er Jahren existierte, tatsächlich ein Comeback?

„Ja, es soll weitergehen. Wir werden die ,100’ wieder öffnen“, sagt Jörg Naumann. Er ist der Eigentümer des Gebäudes, in dem sich das Ladenlokal befindet. „Und es bleibt ein kleiner Supermarkt.“ Die Schließung hätten viele Einwohner bedauert. Deshalb habe er per Anzeigen und Aushang nach einem neuen Betreiber gesucht. Er sehe es als seine Pflicht, dass es weitergeht. „Ich glaube, dass schon aus wirtschaftlichen Gründen eine Schließung Unsinn wäre.“ Die Umsätze hätten gestimmt. Deshalb soll die Tradition fortgeführt werden. Und das schon im Januar 2017. „Ich hatte mehrere Interessenten“, sagt Naumann. Inzwischen stehe die künftige Betreiberin fest.

67-jährige Bitterfelderin neue Chefin im „100“

Die 67-jährige Irene Hacker aus Bitterfeld wird neue Chefin der „100“. „Bei ihr hatte ich gleich ein gutes Bauchgefühl“, so der Vermieter, zumal sie Erfahrung in dem Bereich habe. Dennoch - für Irene Hacker ist der neue Job eine Herausforderung. Immerhin kommt sie dafür aus dem Ruhestand zurück. Ihr einfacher wie überzeugender Grund: „Ich langweile mich zu Hause.“

Seit ihr Mann plötzlich verstarb, habe sie versucht, etwas Sinnvolles zu tun. „Doch meine Anläufe, auf 450-Euro-Basis zu arbeiten, gingen ins Leere. Denn ich wollte nicht irgendetwas tun, sondern etwas machen, was ich kann.“ Immerhin hat sie eine Facharbeiterausbildung als Kellnerin und ein betriebswirtschaftliches Studium. Viele Jahre lang war Hacker, die seit 1980 in Bitterfeld lebt, selbstständig, hat die Gaststätte am Busplatz des Chemiekombinats betrieben. „Später habe ich die Buchhaltung in einem Ingenieurbüro gemacht.“ Und nun also die „100“.

„Seit ich gelesen habe, dass diese Verkaufsstelle schließen soll, bin ich mit der Idee schwanger gegangen“, erzählt sie. Sie kannte Geschäft und Kundschaft, war öfter selber dort einkaufen. Schließlich habe sie sich bei Jörg Naumann gemeldet. „Wenn man es nicht versucht, dann erfährt man nie, ob es geklappt hätte.“ Natürlich wird sie den Laden nicht allein betreiben. Sie rechnet mit zwei weiteren Mitarbeitern, will dazu aber noch mit der Arbeitsagentur sprechen. Doch die Zeit ist knapp. Schon am 2. Januar soll man in der Burgstraße wieder einkaufen können. Bis dahin steht Vermieter und Betreiberin ein straffer Zeitplan bevor.

Angebot bleibt weitgehend gleich

In dieser Woche startete die Komplettrenovierung. „Wir erneuern den Fußboden und streichen die Wände“, so Naumann. Dazu muss das Inventar, das er der Konsumgenossenschaft abgekauft habe, ausgeräumt, anschließend gilt es, die Regale wieder aufzubauen. Neu angeschafft werde die Kassentechnik. „Und natürlich wird die Ware neu geordert.“

Wobei sich hier für die Kunden nichts ändern soll. „Das Angebot bleibt weitgehend gleich“, erklärt Naumann, der bereits mit dem Zulieferer verhandelt hat. Irene Hacker sieht das ähnlich. „Natürlich muss man schauen, was sich bewährt und auf Wünsche der Kunden reagieren.“ Die Einkäufer stehen bei ihr ganz oben. „Hierher kommen ja viele ältere Leute aus der Umgebung. Die wollen auch mal ein Schwätzchen machen.“

Gerade das Zwischenmenschliche unterscheide die „100“ von einem großen, eher anonymen Supermarkt, wo es für viele vor allem schnell gehen soll. „Bei uns herrscht ein bischen ein Tante-Emma-Ambiente. Das passt zu mir und soll nicht verloren gehen.“ Gehen alle Rechnungen auf, sollen vor Silvester die Vorbereitungen beendet sein. Geöffnet haben wird der Markt montags bis freitags von 8 bis 18, samstags bis 11 Uhr. „Am 2. Januar will ich zum ersten Mal die Tür für die Kunden aufschließen“, sagt Hacker.

(mz)