Der Mittelpunkt des Kaiserreiches
Krina/MZ. - In Krina befand sich der Mittelpunkt des Deutschen Kaiserreichs. Und dies nicht etwa deshalb, weil hier besonders Kaisertreue ihre Heimat hatten oder der Monarch seine Geschäfte zumindest teilweise in die Heide verlegte. Der Kaiser ist nie hier gewesen. Doch ein Mathematiker hatte 1913 lange gerechnet und war zu dem Schluss gekommen, dass Krina Mittelpunkt des 1871 gegründeten Reiches war. Ein großer Feldstein befindet sich heute an der Stelle, die vor fast 100 Jahren ermittelt wurde, eine goldene Tafel weist auf die Besonderheit der Örtlichkeit hin.
Auch Rad- und Wanderkarten machen auf den Standpunkt aufmerksam. Von Einmaligkeit berichten sie jedoch nicht. Denn es gebe mehrere Orte, die den Mittelpunkt des Kaiserreichs für sich in Anspruch nehmen, bestätigt Krinas Ortschronist Peter Wieland.
Neben dem in Krina ist auch einer in Spremberg ausgewiesen. Auch dort weist ein Stein auf den Ort hin. "Ansichtssache", sagt Wieland und erinnert an die zahlreichen Methoden, den Mittelpunkt eines Staates festzulegen. Möglich wäre demnach, den Ort dadurch zu ermitteln, in dem von allen Landsgrenzen aus gedachte Linien gezogen werden - der Schnitt- wäre auch der Mittelpunkt. Andere Variante: Die Fläche des Staates wird praktisch auspendelt. Der Punkt, auf den gelagert sie in der Waage schwebt, ist dann der Mittelpunkt.
Die Messmethode ist letztlich auch nicht das entscheidende Moment. Krina verstand sich als Mittelpunkt des Kaiserreichs und investierte sogar in den neunziger Jahren in den Ort. Grünanlagen auf "Horns Berg", wie der Mittelpunkt in Krina genannt wird, wurden auf Vordermann gemacht, zum Deutschen Wandertag in der Heide ein neuer Feldstein aufgestellt. Dass man bei der Inschrift historisch nicht ganz einwandfrei gearbeitet hat, wurmt den Chronisten Peter Wieland aber doch ein wenig. Dort nämlich steht geschrieben, dass man sich am Mittelpunkt des Großdeutschen Reichs um 1900 befinde. Genau genommen gab es das nämlich zu dem Zeitpunkt nicht. Mittelpunkt des Kaiserreichs von 1871 bis 1918, das stimme, sagt Peter Wieland. Und blickt dennoch nachdenklich drein. Was, wenn man nun bedenke, dass Helgoland erst nach den Sansibar-Verträgen zu Deutschland gekommen wäre? Oder wenn die Kolonialgebiete in Afrika, der Südsee oder Asien in die Betrachtung mit einbezogen worden wären?