Der letzte Videotheker Der letzte Videotheker: Rainer Korsinek betreibt in Wolfen-Nord letzte Ausleihe in der Umgebung

Bitterfeld - Der Bitterfelder Rainer Korsinek zählt sich heute schon zu den Geschäftsleuten, die ein aussterbendes Gewerbe betreiben. Videotheken gibt in der näheren Umgebung nicht mehr - außer in Wolfen-Nord in der Straße am Nordpark, gegenüber der schon geschlossenen Gaststätte „Stadt Wolfen“.
Doch Rainer Korsinek ist nicht der Mann, der sich von negativen Trends beeinflussen lässt. „So lange es noch Interessenten gibt, die sich DVDs aller Art ausleihen wollen, wird es meine Videothek geben“, sagt er kämpferisch.
Zwischen seine Stammkunden würden sich immer mal wieder Neulinge mischen, die etwas ganz Bestimmtes suchen. „Diese Leute sind bei mir richtig“, meint der letzte Videotheker weit und breit.
Nach der Wende bommte das Geschäft der Videotheken
Dabei kann sich der heute 62-Jährige noch an ganz andere Zeiten erinnern. „Nach der Wende boomte das Geschäft und jeder wollte das sehen, was es bislang nur unter vorgehaltener Hand oder überhaupt nicht gegeben hat“, erinnert sich Korsinek, der im April 1990 mit seinem damaligen Partner Eckhardt Karge den Start in die Videotheker-Selbstständigkeit wagte.
Der Partner hat sich dann später anderweitig entschieden, der Name „KoKa“ (Korsinek/Karge) ist aber geblieben. „Das ist so etwas wie das Markenzeichen für das letzte Geschäft, das ich noch betreibe.“
Gefunkt hat es damals nach der Wende bei einem Besuch in den neuen Bundesländern, erinnert er sich. „Da hat man gesehen, was es alles gibt und wie man ein Geschäft in dieser Richtung aufbauen kann“, erzählt der gelernte Chemiker, der vor der Wende als Diskotheker gefragt war. Schnell habe sich damals ein Partner aus dem Westen gefunden, der in jeder Hinsicht geholfen habe. „Trotzdem haben wir die ersten Regale noch mit der Hand zusammengezimmert“,sagt der Bitterfelder.
Von einst vielen Filialien blieb die KoKa-Videothek in Wolfen-Nord
Danach habe es kein Halten mehr gegeben. Die Ausleihe nahm sprunghaft zu und so seien weitere Neueröffnungen unausweichlich gewesen. Nach der ersten Videothek in der Burgstraße in Bitterfeld wurden Geschäfte in Ramsin, Brehna, Bad Schmiedeberg, Wolfen-Nord und sogar Berlin eröffnet.
„Eine der größten Ausleihen haben wir in Bitterfeld an der Brehnaer Straße betrieben, wo früher die Steinzeugwerke standen. Das war ein riesen Ding und auch technisch gut ausgestattet“, erinnert sich Korsinek. Dass man das alles in rund zwölf Monaten über die Bühne gebracht hat, sei ihm heute noch ein Rätsel. „Sicher war es sowas wie ein Gründerboom, denn Videotheken hat es überall gegeben.“
Doch so schnell der Aufschwung auch vonstattenging, so schnell sei es dann auch zu einem wirtschaftlichen Knick gekommen. Das Internet bot plötzlich neue Möglichkeiten der Beschaffung von Filmen und Musik. „Was darunter gelitten hat, waren die Videotheken“, weiß er. So habe er sich dann schrittweise von den großen Ausleihgeschäfte trennen müssen. Erhalten geblieben ist die KoKa-Videothek in Wolfen-Nord.
Diskreter Umgang mit Kundendaten: „Hier kann keiner reinschnüffeln oder sich Daten aus dem Netz ziehen“
„Uns zeichnet hier der Fakt aus, dass wir dem Kunden gegenüber diskret sind“, sagt Rainer Korsinek. Damit meint er nicht nur die persönliche Verschwiegenheit darüber, was sich der Kunde aussucht, sondern auch der Umstand, dass alle Kundendaten nicht mit dem Internet verbunden sind.
„Hier kann keiner reinschnüffeln oder sich Daten aus dem Netz ziehen“, so der Geschäftsmann. Natürlich habe sich der drastische Wegzug der Leute aus Wolfen-Nord auch in seine Geschäft bemerkbar gemacht. „Aber wir bleiben da, wo unsere Kunden sind“ - das ist seine geschäftliche Maxime. (mz)