Der genetische Zwilling Der genetische Zwilling: Stammzellenspender aus Pouch kann jetzt ein Leben retten

Pouch - Hendrik Schurade ist ein ganz normaler junger Mann. 19 Jahre, zu Hause in Pouch und das duale Studium bei der Deutschen Bahn vor Augen. So sieht er sich auch. „Ich bin nicht anders als andere.“
Dass er unter Umständen ein echter Lebensretter wurde, spielt eher am Rande eine Rolle. Schurade ist Stammzellenspender. Seine Spende ging an einen siebenjährigen Jungen aus Belgien. Ob sie Erfolg hatte, weiß der Poucher nicht.
Noch nicht. „Aber ich kann einen anonymen Brief schreiben und erfahre nach einem Jahr genauere Dinge“, erzählt der junge Mann, der aus Zufall zum Spender geworden ist. Es gab keine familiäre Vorgeschichte. Keinen aktiven Blutspender und auch keinen Krankheitsfall, der ihn beeinflusst hat. „Ich bin einfach hingegangen zur Blutspende.“
Stammzellenspenden sind für an Leukämie Erkrankte oft der letzte Rettungsanker
Das war vor gut einem Jahr in der Berufsbildenden Schule IV „Friedrich List“ in Halle. Die Frage, ob er sich typisieren und damit als potenzieller Stammzellenspender registrieren lassen wolle, beantwortete der Poucher mit Ja. „Unter Umständen lernst du ja deinen genetischen Zwilling kennen“, erklärt Hendrik Schurade heute die Motivation dafür.
Dass eine Stammzellenspende für an Leukämie Erkrankte oft der letzte Rettungsanker ist, erwähnt er nur nebenbei. Aber. „Du beschäftigst dich schon mehr mit der Krankheit, hörst genauer hin, wenn davon die Rede ist.“
Alles blieb fiktiv. Typisierung und Registrierung stehen nicht automatisch für die Spende. Manche Frauen und Männer werden trotz Bereitschaft nie zum Spender, weil es keinen genetischen Zwilling gibt, der sofort Hilfe braucht.
„Bei mir war das anders. Das ging alles so schnell“, blickt Schurade zurück. Am 22. Juni stand für ihn in der Dessauer Blutspendezentrale der große Akt an. Er wurde zum Stammzellenspender.
Spritzen um die Produktion der Stammzellen anzuregen
„So besonders war das gar nicht. Ich wurde an die Geräte angeschlossen. Mehr nicht.“ Die Vorbereitung freilich war umfangreicher. Nachdem feststand, dass der Poucher als möglicher Lebensretter in Frage kam und er auch seine tatsächliche Bereitschaft signalisierte, wurde er auf Herz und Nieren geprüft.
Am Ende stand der junge Mann als Spender für den kleinen Belgier fest. „Ich musste mich spritzen, um die Produktion von Stammzellen anzuregen. Kein großer Akt. Am Anfang kostete es aber Überwindung.“
Auch Hendrik Schurade erlebte die vorher genannten Begleiterscheinungen. „Bisschen wie Erkältung, mal schlappe Beine. Aber ansonsten war nichts ungewöhnlich.“
„Jeder kann irgendwann in die Situation kommen, dass er selbst Hilfe braucht“
Gut anderthalb Monate nach der Spende ist für den jungen Poucher die Welt keine andere geworden. Noch immer ist er derjenige, der mit Spannung Richtung Studium blickt. „Aber man wird sensibler beim Thema Leukämie. Ich bin überzeugt, dass wirklich jeder über seine Spendenbereitschaft nachdenken sollte. Jeder kann irgendwann in die Situation kommen, dass er selbst Hilfe braucht.“
Hendrik Schurade denkt nicht selten an das Schicksal seines genetischen Zwillings in Belgien. „Ich hoffe einfach, dass sein Körper die Spende angenommen und nicht abgestoßen hat. Und ja, ich möchte ihn irgendwann auch mal kennenlernen.“ (mz)