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Gemeinsames Projekt Das Kinderlied-Album vom „Goitzsche Front“-Sänger und eine lebenslange Freundschaft aus Thalheim

Goitzsche-Front-Sänger Pascal Bock und Clubchef Tobias Köppe kennen sich seit Kindesbeinen. Nun sind die Freunde auf „Bockis“ Kinderlieder-CD vereint.

Von Frank Czerwonn Aktualisiert: 29.05.2021, 09:00
Tobias Köppe (r.) und Pascal „Bocki“ Bock kennen sich seit Kinderzeiten. Mit dem Mikro können beide umgehen. Nun sind sie auf einer CD zu hören.
Tobias Köppe (r.) und Pascal „Bocki“ Bock kennen sich seit Kinderzeiten. Mit dem Mikro können beide umgehen. Nun sind sie auf einer CD zu hören. (Foto: Michael Maul)

Thalheim - Der eine ist groß, stark, laut und glatzköpfiger Frontmann der Bitterfelder Rockband Goitzsche Front. Der andere kommt eher klein, schmal und wortgewandt daher und leitet den Jugend- und Freizeittreff Greppin. Zwei verschiedene Welten - so das irrende Klischee.

„Dass wir beide irgendwas miteinander zu tun haben, können sich die wenigsten vorstellen“, sagt Sänger Pascal „Bocki“ Bock lachend, Clubchef Tobias Köppe nickt zustimmend. Dabei kennen sich die beiden Thalheimer quasi seit Geburt, sind seit Kindertagen Freunde, teilten Streiche und Glücksmomente. Jetzt krönen sie ihre Freundschaft kreativ: mit der bezaubernden Kinderlieder-CD „Schildegart und ihre Freunde“.

„Das Album ist komplett mein Baby“

Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe: Goitzsche-Front-Sänger singt Kinderlieder. Wobei - was heißt singt? Pascal Bock hat die coolen Lieder über das Riff Sonnental und seine Bewohner auch komponiert und getextet, sich die Erzähltexte ausgedacht, befreundete Studiomusiker engagiert und Ideen wie Malbuch und Tanzvideo zum „Schildkröten-Mambo“ mit Bitterfeld-Wolfener Kita-Kindern umgesetzt. „Das Album ist komplett mein Baby“ sagt Bock, der selber Vater ist.

Mit seiner zweieinhalbjährigen Tochter hört er oft Kinderlieder - und dachte irgendwann: Das kann ich doch selber. Durch Corona hatte er plötzlich Zeit. „Schildegart“ über die fast 100-jährige Galapagos-Schildkröte, einst Lehrerin und jetzt Bürgermeisterin vom Riff Sonnental, war der erste fertige Song. Doch Bocks Fantasie arbeitete weiter. Figuren wie Postbote Rudi Rochen, Bäcker Karsten Krake oder Heinrich Hummer, der mit seinen Scheren jedem die Haare schneidet, entstanden in seinem Kopf. „Und daraus wurden Lieder und eine Geschichte, die alles verbindet.“

Mit Kumpels haben Pascal „Bocki“ Bock (l.) und Tobais Köppe auch Männer-Urlaube verbracht - so als 20-Jährige 2008 am Bergwitzsee.
Mit Kumpels haben Pascal „Bocki“ Bock (l.) und Tobais Köppe auch Männer-Urlaube verbracht - so als 20-Jährige 2008 am Bergwitzsee.
(Foto: Köppe)

Nur 50 Meter haben die beiden Freunde als Kinder in Thalheim auseinander gewohnt

Erzählt wird diese von Schildegarts Enkel Simon. Doch den muss ja jemand sprechen. „Dass ich das mit meiner tiefen Stimme nicht kann, war klar“, sagt Bock. „Das hätte Kinder verschreckt.“ Man habe - auch mit Köppes Hilfe - nach einem Kind gesucht. Doch so richtig habe das nicht funktioniert. „Also habe ich selber eine Textprobe eingesprochen und ihm geschickt“, erzählt Köppe. Und Simons Stimme war gefunden. Auch die Aufnahmen der Sprechparts im Studio flutschten.

Dass dabei Erinnerungen an ihre eigene gemeinsame Kindheit hochkamen, blieb nicht aus. Beide kamen im März 1988 in Wolfens Entbindungsstation zur Welt. „Auch wenn man es nicht sieht - ich bin zwei Wochen älter“, sagt Köppe frotzelnd. Nur 50 Meter haben sie in Thalheim auseinander gewohnt, gingen zusammen in die Kita „Rotkäppchen“. „Ich brauchte bloß über den Acker zu flitzen, schon war ich auf Köppes Bauernhof“, erinnert sich Bock.

Heute können die einstigen Lümmel von der ersten Bank darüber Späße machen

Man kletterte auf den Dachboden, tobte über den Hof, spielte Fußball - „es war ein großer Abenteuerspielplatz“. Bei ihm im Garten dagegen wurden Buden gebaut, Kindergeburtstage gefeiert oder in den Pool gesprungen. „Und bei deiner Oma gab’s Wassereis“, wirft Köppe ein. Bock stutzt kurz - „Stimmt!“. In der Grundschule saßen sie in einer Bank, auch die Klassentrennung ab der 3. Stufe änderte nichts. Hier tauchte erstmals „Ulze“ auf - Christian Schulze, heute Bassist von Goitzsche Front.

Tobias Köppe (u.) und Pascal  Bock gemeinsam im Kindergarten
Tobias Köppe (u.) und Pascal Bock gemeinsam im Kindergarten
(Foto: Köppe)

Über die Weinert-Schule ging’s ans Gymnasium, das Bock aber später Richtung Sekundarschule verließ. Köppe blieb. Andere Schulen, andere Freunde - man verlor sich aus den Augen. Heute können die einstigen Lümmel von der ersten Bank darüber Späße machen: „Ich wollte eben nichts mit Strebern zu tun haben“, stellt Bock klar. „Du warst mir auch zu doof“, kontert Köppe grinsend.

Beiden fuhren mehrmals gemeinsam mit zehn, zwölf anderen in den „Männerurlaub“

Während Köppe beim Faschingsklub mitmischte und über die Theater AG mit 16 zum Amateurtheater kam, lernte Bock in Zschornewitz Elektrotechniker und hatte nur Fußball im Kopf. „Karneval war nicht mein Ding.“ Köppe dagegen studierte in Leipzig Pädagogik. „Dann erst haben wir uns zufällig wiedergetroffen. Ich habe Bocki kaum erkannt, der war so in die Höhe geschossen“.

Doch seitdem sei der Kontakt nie abgerissen. Man fuhr mehrmals mit zehn, zwölf anderen in den „Männerurlaub“, machte eine Woche lang Campingplätze unsicher, zum Beispiel am Bergwitzsee. „Wir haben fast überall Platzverbot bekommen“, erzählt Bock. Köppe betont scherzhaft: „Das lag nie an Bocki oder mir. Wir hatten damals komische Freunde ...“ Bei einem Punkkonzert in Dessau 2009, Bock war da schon rasiert und hatte erste Tattoos, entstand die Idee zu Goitzsche Front.

Die Wege der Freunde kreuzten sich über die Jahre immer wieder

„Und da ich kein Instrument spielet, sagte ich: Dann singe ich halt.“ Endlich durfte Bock ganz offiziell brüllen. „In der Grundschule wurde mir das einst verboten.“ Köppe erinnert sich daran. „Bocki war schon damals immer vorneweg und der Mittelpunkt jeder Gruppe.“ Im ersten Musikvideo „Der Osten rockt“ ist übrigens auch Köppe zu sehen: Er spielt die legendäre Szene aus „Go Trabi go“ nach, ruft als Wolfgang Stumpf - kaum dass Goitzsche Front loslegt: „Jacqueline, mach die Affenmusik aus. Aber sofort!“

Die CD „Schildegart“ erscheint Freitag.
Die CD „Schildegart“ erscheint Freitag.
(Bild: Bock)

Seither kreuzen sich die Wege der Freunde immer wieder, auch bei Veranstaltungen in der Stadt. Dass sie nun singend und sprechend auf einer wirklich starken und fantasievollen Kinderlieder-CD zu hören sind, ist für sie vielleicht nur ein weiteres Projekt. Doch für die Hörer ist es ein riesiges Geschenk. Das macht Bock auf hiesigen Kindergärten: Für sie übergab er Mittwoch an OB Armin Schenk Exemplare der CD, die diesen Freitag erscheint. (mz)