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Clemens, Franco & Co. sorgen für einen Hauch von Afrika

Von CONSTANZE VON SZOMBATHELY 04.02.2009, 18:33

THURLAND/MZ. - Als Kunde im Hofladen von Familie Halamunda fühlt man sich ein wenig wie in Afrika, wo die Straußenzucht weit verbreitet wie hierzulande die Rinder- oder Schweinezucht ist. "Man sagt ja immer, was der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht. Aber die Leute, die bei mir einmal Straußenfleisch gekauft haben, sind fast alle wieder gekommen", erzählt Hofbesitzerin Marlies Halamunda.

Dann öffnet sie eine große Gefriertruhe und zeigt auf das Fleischangebot: Steak, Filet, Braten. Was man von Schwein und Rind kennt, gibt es auch von den großen Laufvögeln. "Nur Brustfleisch bekommen sie bei uns nicht. Strauße sind nämlich Flachbrüster", lacht die 44-Jährige. "Straußenfleisch hat einen ganz feinen und lieblichen Geschmack. Es ist sehr fett- und cholesterinarm, ähnlich wie Geflügel."

Besonders gefragt bei den Kunden sind Straußensteaks, im Sommer dann Bratwürste. Am liebsten isst Marlies Halamunda Filet mit Röstis und Broccoli, ihre Mutter mag Strauß mit Spargel. Auf Wunsch gibt es im Hofladen auch ein Kochbuch mit 24 Strauß- und Damwildrezepten zum Einkauf dazu.

Durch ein paar Türen weiter führt die kräftige energische Frau mit kurzen braunen Haaren zur hofeigenen Schlachterei, wo zurzeit wieder Handwerker arbeiten. Auf dem eigenen Hof zu verkaufen und selbst zu schlachten, war schon lange ein Traum der Halamundas. Im letzten Jahr haben sie ihr Bauprojekt verwirklicht und den Laden zur 700-Jahr-Feier von Thurland eröffnet. Die Europäische Union hat die Straußen- und Damwildfarm mit Fördermitteln aus dem Leader-Programm für innovative und modellhafte Projekte im ländlichen Raum unterstützt, als ersten Betrieb im Landkreis Anhalt-Bitterfeld. "Von dem Geld konnten wir einen Teil unserer Geräte für die Schlachterei bezahlen." Das Know-how zum Schlachten als auch zur Straußenhaltung hat sich das Ehepaar bei Lehrgängen im Schwarzwald angeeignet.

Marlies Halamunda läuft vom Hofladen über den Innenhof zu einem der Gehege. Aber auch sie hält ein paar Meter Abstand von Clemens, vor dem nicht nur Besucher Respekt haben. Der stolze Hahn hat ein tiefschwarzes Gefieder und weiße Schwanzfedern. Bis zu 150 Kilo kann ein erwachsener Strauß auf die Waage bringen.

Auf Fremde blickt Clemens mit seinen großen schwarzen Augen misstrauisch aus über zwei Metern Höhe herab. Denn der Hahn versteht keinen Spaß, wenn es um die zwei Hennen in seinem Harem geht. Wenn nötig, verteidigt er seine Frauen mit gefährlichen Fußtritten. Vor allem jetzt, zu Beginn der Brunftzeit, sind Clemens und Franco, der zweite Hahn auf dem Hof, aggressiv. Dann sind ihre Schnäbel und Beine leuchtend rosa gefärbt, und die siebenjährige Tochter Laura darf den Tieren beim Spielen nicht zu nahe kommen, schon gar nicht in ihrer roten Winterjacke. Harmlos dagegen sind die 23 Straußenküken im Nachbargehege. Neugierig stecken die vier- bis sechs Monate alten Tiere ihre Schnäbel durch die Maschen des Drahtzauns. Gackern, Krähen, Glucken? Fehlanzeige.

Bei Familie Strauß geht`s ruhig zu, nur in der Brunftzeit geben die Hähne einen dumpfen Balz-Ton von sich. Im Gegensatz zu Clemens, Franco und ihren Hennen, die für Nachwuchs sorgen sollen, haben die Küken keine Namen. Und das hat Gründe: Denn sie sind zum Schlachten bestimmt. Im Alter von zehn bis 18 Monaten bringen die Tiere etwa 100 Kilogramm auf die Waage. Das ist der ideale Zeitpunkt zum Schlachten.

Während man sich an den Geschmack von Straußenfleisch schnell gewöhnt, bleibt der Gedanke an das Töten der exotischen Tiere fremd. "Das Schlachten gehört nun mal dazu", erklärt Marlies Halamunda, "ob es nun ein Strauß oder ein Rind ist. Bei den Straußen fällt es mir sogar leichter. Zu denen habe ich nicht so eine emotionale Bindung, denn Strauße kann man nun mal nicht so streicheln wie Kühe." Etwa 40 Tiere schlachten die Halamundas im Jahr, das nächste Mal wieder zu Ostern. Vor wenigen Wochen ist einem vier Monate alten Tier allerdings Glatteis zum Verhängnis geworden. "Das Küken ist im Gehege ausgerutscht und hat sich das Bein gebrochen. Wir mussten also schlachten." Die Vögel werden elektrisch betäubt und dann muss alles ganz schnell gehen.

Etwa 30 Kilo Fleisch pro Tier werden erzielt. Dazu kommen Federn und Haut, die zu Leder gegerbt werden kann. Die Straußenwurst können Kunden seit Anfang Februar nicht nur im Hofladen, sondern auch im Regioladen "Querbeet" in Dessau kaufen. Wer die Exoten nicht auf dem Mittagstisch sehen will, dem empfiehlt Marlies Halamunda Straußeneier. Im Hofladen stehen zurzeit nur bunt bemalte Dekoeier in einer Vitrine. Aber im Frühjahr gibt es wieder frische Eier. "Damit bekommen Sie eine Großfamilie satt, denn ein Straußenei entspricht 24 Hühnereiern. Auch die Pfanne sollte etwas größer sein." Ein XXL-Ei kostet 20 Euro, Freilandhaltung garantiert.