Heimatverein hat recherchiert Bobbau im Zweiten Weltkrieg: Heimatverein hat Geschichte recherchiert

Bobbau - Anfang Mai 1945. Der Krieg ist vorbei. Seine Spuren sind aber nicht zu übersehen. Damals, vor nunmehr 75 Jahren, und auch heute nicht. Exakt in Reihen ausgerichtet liegen die Gräber von fast 100 deutschen Soldaten. Allesamt kamen am 14. und 15. April 1945 bei Kämpfen in Bobbau um. Die Gräber sind Symbol für den Moment, als der Krieg in das Dorf kam.
Hundertfacher Tod
„Wir haben viel zu den Kämpfen recherchiert“, erzählt Ortsbürgermeister Dieter Ullmann (CDU), der auch den Heimatverein Bobbau-Siebenhausen vertritt. Er zeigt zwei Schilder aus Emaille. Heinrich Menz, Gefreiter aus Burghardshausen an der Lahn, fiel am 14. April. Unteroffizier Kurt Doligkeit aus Berlin starb am Tag darauf. Es sind zwei Namen von fast Hundert. „Sinnlos gestorben und nur, weil ein paar Leute den Krieg nach Bobbau geholt haben“, sagt Ullmann.
Er erzählt von mehreren Stoßkeilen der US-Armee. Ziel war Dessau. Von Bobbau war nie die Rede. Die Truppen rollten über die Autobahn, sollten über Raguhn und die Mulde Richtung Großstadt. „Aber dann haben die Deutschen die vorbeiziehenden Amerikaner beschossen.“ Ullmann hält kurz inne. In Bobbau änderte sich damit von einem Moment auf den anderen alles. Zwar hatte es vorher schon Schäden an Wohngebäuden und Stallungen gegeben.
Gezielt waren die Luftangriffe allerdings nicht. „Mehr Notabwürfe von beschädigten Flugzeugen. Zufall.“ Bobbau hatte wahrlich niemanden interessiert. Bis eben der „Kampf bis zur letzten Patrone“ ausgerufen war. Die Zahl der Gefallenen ist riesig. Die Gräber auf den Friedhöfen in Bobbau und Siebenhausen sind Beleg dafür.
Sie erzählen aber auch von einem anderen Drama.Die Mehrzahl der gefallenen Deutschen war gerade einmal 17, 18 Jahre alt. Abiturienten, die der Zufall nach Bobbau verschlagen hatte. Als die Amerikaner vorrückten, fielen sie reihenweise. „Am Morgen waren wir 35 Mann in der Gruppe. Am Abend waren wir fünf“, blickte Bernhard Piatkowski vor Jahren auf die Kämpfe zurück. Er hat das Grauen überlebt, studierte, wurde Professor. Bis zu seinem Tod 2019 kehrte er immer wieder nach Bobbau zurück - auch um einstige Mitschüler zu ehren.
Spenden für Grabpflege
Deutsche und Amerikaner kamen in Bobbau um. Letztere wurden später umgebettet. Vergessen sind sie alle nicht. „Wir haben die Gräber immer in Ordnung gehalten“, sagt Ullmann. Die Schwester eines deutschen Gefallenen war davon so angetan, dass sie seit den Neunzigern Jahr für Jahr 1.000 Mark für die Pflege spendete. Das Geld wurde unter anderem dafür verwendet, Holzkreuze durch Steinplatten zu ersetzen. Das hatte nicht nur optische Gründe. Anfang der 2000er Jahren verschwanden immer wieder Kreuze. Satanisten hatten es auf den Grabschmuck abgesehen. (mz)