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Bitterfelder Klavier wird restauriert Bitterfelder Klavier wird restauriert: Der Blüthner-Flügel und seine Paten

Von Tim Fuhse 24.02.2019, 13:00
Ein edles Stück: Stefan Kratzsch arbeitet an der Elfenbein-Tastatur des Blüthner-Flügels aus Bitterfeld-Wolfen.
Ein edles Stück: Stefan Kratzsch arbeitet an der Elfenbein-Tastatur des Blüthner-Flügels aus Bitterfeld-Wolfen. André Kehrer

Bitterfeld/Markkleeberg - Ganz hinten steht das edle Konzertinstrument, zwischen Ersatzteilen und Werkbänken. Sein Rumpf freigelegt. Zwei schmale Balken schlängeln sich quer über das helle Holz des Resonanzbodens. Er wirkt ein wenig ausgeweidet, der altehrwürdige Blüthner-Flügel der Bitterfelder Musikschule „Gottfried Kirchhoff.“

Stefan Kratzsch steht neben dem Klavier. „Als nächstes wird das Stegdoppel neu gemacht“, sagt der Klavierbauer und schiebt hinterher: „Da sind Risse drin.“

Verschleiß von 113 Jahren - Restauration seit einem Monat

Seit rund einem Monat restauriert Kratzsch das 113 Jahre alte Prachtexemplar in seiner Werkstatt in Markkleeberg bei Leipzig. Spalten im Resonanzboden müssen geflickt, der gerissene Stimmstock neu aufgezogen werden. „Wie es halt so aussieht nach 100 Jahren“, sagt Kratzsch, „Das ist normaler Verschleiß.“ Der Spezialist hat einen geschulten Blick. Schon seit 30 Jahren kümmert er sich um lädierte Klaviere.

Auch um jene der Bitterfeld-Wolfener Musikschule. Der traditionsreiche „Blüthner“ ist bereits der fünfte Flügel vom Ratswall, den Kratzsch in Handarbeit auf Vordermann bringt.

„Das ist ein Guter, sehr zuverlässig“, sagt Musikschulleiterin Cornelia Toaspern über den Handwerker. Schon vor rund einem Jahr hat die Einrichtung das Instrument deshalb bei günstiger Gelegenheit zur Vorbereitung nach Markkleeberg gebracht.

Pfiffige Aktionen helfen bei der Finanzierung

Doch Qualität hat ihren Preis. Insgesamt werden die Arbeiten rund 15.000 Euro kosten. Viel Geld für eine Musikschule. Am Ratswall hat man sich deshalb eine pfiffige Aktion einfallen lassen. Schon vor einiger Zeit hat die Musikschule begonnen, die Tasten des Klaviers zu „verkaufen.“

Paten sollen der Schule mit einer kleinen Investition unter die Arme greifen. „Sie kriegen eine alte Taste für den Ton, den sie reserviert haben“, erläutert Toaspern. Kostenpunkt: 88 Euro. Denn „ein Klavier hat 88 Tasten“, so die Schulleiterin.

Das Ganze bleibt natürlich rein symbolisch. Die Tasten stammen von einem ausrangierten Klavier - das Original aus Elfenbein gibt die Musikschule nicht aus der Hand. „Das ist ein Schatz!“, betont Toaspern.

„Das macht sich gut“

In der Werkstatt steht dieser Schatz momentan wenige Meter neben dem Flügel aufgebahrt. Auch hier muss Stefan Kratzsch Hand anlegen - er zeigt auf eine Taste, von der ein kleines Stück abgebrochen ist. Die Idee mit den Patenschaften kennt der Klavierbauer schon von einem ähnlichen Projekt aus Dessau-Roßlau. „Das macht sich gut“, findet er.

Mit der kreativen Aktion will die Musikschule etwa die Hälfte der Restaurationskosten einwerben. Der Rest soll über Sponsoring, Benefiz und den Förderverein dazu kommen.

Der Zwischenstand kann sich sehen lassen. Bislang hat man 51 Tasten verkauft und damit 4488 Euro eingenommen. „Das kleckert seit anderthalb Jahren rein“, schildert die Schulleiterin der Musikschule.

Flügel wird im Sommer fertig

Langsam werde es aber Zeit, den Endspurt einzuläuten. Bald muss die Summe stehen. Denn Stefan Kratzsch liegt gut im Zeitplan. „In der Regel brauchen wir drei bis vier Monate“, schildert er und meint: „Der Flügel wird im Sommer fertig.“

Doch bis dahin muss der Klavierbauer noch einiges ausbessern, hier zwischen den Ersatzteilen und Bänken in seiner Werkstatt. „Das ist viel Staub und Dreck, was in nächster Zeit passieren wird“, sagt er. (mz)

Wer die Musikschule unterstützen möchte, kann eine der verbleibenden Tasten „erwerben.“ Für ihre Spende von 88 Euro bekommen die Paten eine Taste und ein Zertifikat. Sie werden zudem zum Festkonzert eingeladen, bei dem der reparierte Flügel eingeweiht wird. Auf Wunsch kann eine Spendenquittung ausgestellt werden.

Weitere Informationen gibt es unter Tel.: 03493/22914 oder auf der Webseite

www.musikschule-bitterfeld.de/foerderverein.

In der Markkleeberger Werkstatt werden regelmäßig Klaviere restauriert.
In der Markkleeberger Werkstatt werden regelmäßig Klaviere restauriert.
Andre Kehrer
Mitarbeiter Stephan Brandenburg schraubt am 113 Jahre alten Flügel.
Mitarbeiter Stephan Brandenburg schraubt am 113 Jahre alten Flügel.
Andre Kehrer
Restaurieren heißt Handarbeit.
Restaurieren heißt Handarbeit.
Andre Kehrer