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Bitterfeld Bitterfeld: Wo Hunderte Autos ihr Leben lassen

Von LOTHAR GENS 16.02.2011, 17:28

BITTERFELD/MZ. - "Das ist hier wohl der größte Abenteuerspielplatz weit und breit", vermutet Franz-Martin Dübel verschmitzt lächelnd und zeigt auf die nicht enden wollenden Autos, die an diversen Plätzen des 5,9 Hektar großen Geländes an der Bitterfelder Antonienstraße stehen. Mal dicht an dicht, mal in lockerer Ordnung, teilweise auch übereinander in großen Stapelregalen. Um die 1 600 aller möglicher Marken sind es, die sich hier versammelt haben bei der Autoverwertung Barec GmbH und stumm ihrem Ende entgegenblicken. Dübel macht Halt an einer Tür, an der "Trockenlegung" steht.

Hier beginnt das Ende der zumeist von Privatkunden, teils von Autohändlern und zu einem kleinen Teil zugekauften Gebrauchtwagen. Denn hier hat Trockenlegung nichts mit Babywickeln zu tun. "Hier werden sämtliche Flüssigkeiten abgelassen", erläutert Franz-Martin Dübel, während sein Mitarbeiter Frank Labude unter der Hochbühne fleißig an einem Pkw werkelt und dafür sorgt, dass Öl, Bremsflüssigkeit, Kühlwasser usw. vom Auto in ihre Spezialbehälter gelangen. Die Flüssigkeiten werden dann später fachgerecht entsorgt bzw. recycelt. Dann geht es in die Demontage, wo ein Spezialist die Autos auseinander nimmt. "Er begutachtet jedes einzelne Teil, ob es noch gebrauchsfähig ist", erläutert Firmeninhaber und Geschäftsführer Dübel. Alles wird hier fein säuberlich nach Typ, Teil usw. registriert, damit die Kollegen im Lager später keinen Herzinfarkt bekommen, die die Teile in den Computer eingeben, bepreisen und nach genauer Ordnung einlagern müssen, damit man bei Bedarf alles wiederfindet.

"Hier werden nur Teile eingelagert, die mehrmals eingehend geprüft worden sind - zuerst in der Demontage", sagt Franz-Martin Dübel, der vor seiner Zeit als Bitterfelder Inhaber einer Autoverwertung lange Jahre als Manager bei Ford (u. a. zuständig für die Vermarktung von Erdgasfahrzeugen) tätig gewesen ist. Zum einen werden die Teile so streng kontrolliert, weil der promovierte Fahrzeugtechniker Wert auf zufriedene Kunden legt. Zum anderen gibt es für ihn einen ganz profanen Grund: "Es ist viel zu teuer, Schrott einzulagern."

Der würde auch der in die Firma integrierten Kfz-Werkstatt, in der vier ausgebildete Kfz-Mechatroniker zu Gange sind, nichts nützen. Denn, was sie in die Autos ihrer Kunden verbauen, soll auch funktionieren. So arbeiten sich die acht Barec-Angestellten gegenseitig in die Hände, damit alles klappt.

Und es muss klappen. Zwar ist die wirtschaftliche Lage des Unternehmens nicht als bedenklich zu bezeichnen. "Aber sie ist nicht einfach", sagt Franz-Martin Dübel. Der gebürtige Magdeburger macht das u. a. daran fest, dass es trotz aller Fortschritte in Mitteldeutschland immer noch zu wenig Industrie und damit Arbeitsplätze gibt. Und damit wiederum zu wenig Kaufkraft, um sich öfter mal ein neues Auto zu gönnen als einmal in zwanzig Jahren. Entsprechend ist der Durchlauf. Um die 400 Autos sind es pro Jahr - das Abwrackprämiensuperjahr mit rund 1 300 Autos nicht mit gerechnet. "Das ist eigentlich zu wenig", weiß Dübel, "da wird es schwer, den Leuten ein auskömmliches Gehalt zu zahlen."

Dennoch: Bange machen gilt bei Franz-Martin Dübel nicht. Zu dem einen Lehrling in seinem Betrieb soll sich im September ein weiterer gesellen. Getreu seiner Maxime: "Ohne gut ausgebildete Leute geht gar nichts." Mit denen zusammen will er es schaffen, in diesem Jahr möglichst mehr als die "üblichen" 400 Autos zu verwerten. Und die Zukunft liegt seiner Meinung nach auch darin, noch viel stärker Werkstoffe aus den Gebrauchtwagen zu recyceln. Da ist er gedanklich schon dran. "Wir sind ein rohstoffarmes Land . . ."