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Bitterfeld Bitterfeld: Statt Stroh zu Gold Mais zu Strom

Von LOTHAR GENS 24.06.2011, 16:37

BITTERFELD/MZ. - Aus Stroh Gold spinnen kann man im Bitterfelder Mühlenweg 1 c nicht. Dieses Verfahren wird wohl dem legendären grimm'schen Rumpelstilzchen vorbehalten bleiben. Aber aus hauptsächlich Mais-Silage und des weiteren Schweinegülle und Roggenschrot letztlich Elektroenergie und Wärme zu machen, und zwar in Größenordnungen, das hat man hier schon raus. Hier, in der Biogasanlage, die zur in Potsdam ansässigen Danpower GmbH gehört.

Klar, dass auf dem gesamten, rund 1,6 Hektar großen Gelände absolutes Rauchverbot herrscht. Will man hier arbeiten, gewöhnt man sich dieses Laster am besten ab: Sicherheit. Obwohl: Gas-, genauer Methangeruch ist nicht wahrnehmbar. Und auch sonst ist es hier erstaunlich geruchsneutral. Nur ein leicht säuerliches Aroma

ist wahrnehmbar. Peter Görner sagt: "Das ist alles, und das ist heute schon extrem." Der leichte Geruch rührt von der Mais-Silage, die hier überwiegend zur Biogaserzeugung genutzt wird. "Gelegentlich ist auch etwas von den Gärresten wahrnehmbar. Aber ich denke, dass selbst das für Stadtbewohner im Rahmen des Erträglichen ist", sagt Görner, der hier als Betriebsleiter fungiert. Und außer hier noch für Danpower-Biogasanlagen in Klostermansfeld, Bernsdorf (Sachsen) und Saalow (bei Berlin).

Dafür aber haben zahlreiche Bewohner von Bitterfeld-Wolfen saubere Energie aus nachwachsenden Rohstoffen zur Verfügung. Denn der Bitterfelder Biogaspark, der im Wesentlichen aus drei baugleichen Anlagen zur Gaserzeugung besteht, produziert seit seinem Bestehen (Oktober 2007) jährlich rund 15 500 Megawattstunden Strom, der ins Netz von Envia eingespeist wird und für rund 3 500 Haushalte ausreicht. Außerdem werden hier pro Jahr 14 500 Megawattstunden Wärme produziert, die an die Bitterfelder Fernwärme GmbH geliefert wird und den Bedarf von etwa 1 800 Haushalten abdeckt. Das sind immerhin 35 Prozent des Wärmebedarfs der Bitterfelder Fernwärme GmbH.

"Dafür eingesetzt werden jährlich um die 33 000 Tonnen Mais-Silage, die auf den Feldern von fünf Landwirten aus der Region angebaut wird", erläutert Betriebsleiter Peter Görner. "Auf rund 800 Hektar." Zu diesem Mais gesellen sich jährlich noch 15 000 Tonnen Schweinegülle und etwa 1 500 Tonnen Roggen, die ebenfalls aus der Region angeliefert werden. Das alles und auch die Maisernte und -silierung, die von einem regionalen Dienstleister übernommen wurden, sei, so Görner, durch langfristige Verträge abgesichert.

Wobei das mit den hiesigen Landwirten quasi ein Geben und Nehmen sei. "Die bei uns anfallenden Gärreste gehen an die gleichen Landwirte zurück, die bei uns anliefern", so Peter Görner. Dort kommen die jährlichen 48 000 Tonnen Gärreste als hochwertiger Dünger wieder aufs Feld und ersetzen andere Düngemittel. Görner: "Das wird von den Landwirten auch sehr gern wieder zurückgenommen." So bekommt man in der Bitterfelder Biogasanlage ein absolutes Kreislaufsystem hin.

Abgesehen davon, dass laut Firmenangaben von Danpower die Energieerzeugung hier CO-neutral erfolgt: Bei der energetischen Nutzung des Biogases werde nur soviel Kohlendioxyd freigesetzt, wie die Pflanzen zuvor bei ihrem Wachstum aufgenommen haben. "Auf diese Weise werden in Bitterfeld jedes Jahr rund 14 000 Tonnen CO-Emissionen aus fossilen Energieträgern vermieden", heißt es in einer Mitteilung aus der Potsdamer Danpower-Zentrale.

Das Prinzip, nach dem das technisch geschieht, ist recht einfach. Jede der drei Anlagen verfügt über einen Anmischbehälter, in dem das Gebräu aus Silage, Gülle und Schrot angesetzt wird. Das "marschiert" dann in den so genannten Fermenter, einen großen Behälter, in dem das Gas durch Gärung entsteht. Für neu zugeführtes Material verschwindet auf einem anderen Weg verbrauchtes - die Gärreste. Die werden in einem zweiten großen Behälter gesammelt, bevor sie als Dünger aufs Feld kommen. Das produzierte Methan wird in Motoren (einer je Anlage) verbrannt, in der Folge entstehen Elektrizität und Wärme. Wobei die Abluft des gesamten Prozesses einen Reinigungsprozess durch Bio-Filter durchläuft, um die Geruchsbelästigung so gering wie möglich zu halten.

Für den Betrieb der Anlage sorgen nur drei Arbeitskräfte. Allerdings haben die - wegen der Sicherheit - auch nachts über Bereitschaftsdienste "ein Auge" auf die Anlage. In punkto Sicherheit gibt es ohnehin hohe Standards, das Rauchverbot allein genügt da nicht. Da wäre zum einen die Gasfackel, die immer dann automatisch anspringt, wenn kurzzeitig zu viel Gas erzeugt wird. Die hat nicht nur den Sinn, Gasdruck zu vermindern, sondern sie verhindert auch, dass das Methan unverbrannt in die Atmosphäre entweicht (Methan ist ein Klima-Killer). Über die Zeit gerechnet läuft diese Fackel nur drei bis vier Minuten täglich.

Mehr soll das allerdings auch gar nicht werden. Betriebsleiter Görner sagt: "Im Prinzip verbrennen wir damit Geld." Aber Sicherheit und Klimaschutz gingen halt vor. Überdies steht die gesamte Anlage permanent unter technischen Kontrollen. Wie übrigens auch die Emissionswerte. Die werden vom TÜV kontrolliert - und es gab noch nie Beanstandungen. Von der Anlage gibt es einen "direkten Draht" zur Feuerwehr. Wenn etwas passiert, bimmelt es sofort am anderen Ende.