Bitterfeld Bitterfeld: Der Zufall verhilft zum Bund fürs Leben
BITTERFELD/MZ. - Der Zufall brachte den Stein ins Rollen. Im Bitterfelder IG Bad war Richard Kühne Ende der 40er Jahre Dauergast. Verbrachte viel Zeit im Wasser, lag auf dem Rasen. "Da ist sie mir aufgefallen." Der heute 78-Jährige redet nicht um den heißen Brei herum. Ja, die Anita habe ihm gefallen. "So einfach ist das." Auch bei dem jungen Mädchen schlug das Herz schneller damals. Beide wurden ein Paar, das sich bis heute die Treue hält.
Mit 18 Jahren haben Anita und Richard geheiratet - erst standesamtlich, dann in der evangelischen Kirche in Bitterfeld. Ein schöner Tag sei es gewesen, erinnert sich Richard Kühne und nimmt das Hochzeitsbild von der Wand. "Lange her." Verträumt schaut der rüstige Rentner die Aufnahme an. Am 28. Juli 1951 ist sie gemacht worden. "Wir feiern diamantene Hochzeit." Das Jubelpaar muss selbst noch umgehen lernen mit dem Begriff. "Wir haben uns gefunden, zusammen gelebt. An große Jubiläen haben wir gar nicht gedacht." Erst recht nicht an den üblichen großen Bahnhof. Das brauchen sie alles
gar nicht. Kein großes Tamtam im Restaurant, auch keine in die Ferne führende Reise. Zufrieden sind Kühnes in ihrem kleinen Reich im Bitterfelder Annahof. Das Haus haben sie 1977 gekauft und auf Vordermann gebracht. Einfach sei es nicht gewesen - finanziell und wegen der vielen Arbeit. Doch gelohnt habe es. Man könne sich jetzt etwas zurücknehmen und die freie Zeit genießen.
Anita Kühne werkelt dabei mit Vorliebe im Garten und in der Küche. Auch Ehemann Richard findet immer was zu tun in den eigenen vier Wänden. Trotz der einen oder anderen Verpflichtung bleibt er einer Sache allerdings immer treu.
Läuft im Fernsehen eine Radsport-Übertragung, ist er dabei. "Das ist mein großes Hobby", erzählt der Mann, der mehr als ein Jahrzehnt aktiv in die Pedalen trat. Zwar konnte er samt seiner Mitstreiter in Holzweißig nicht mit den prominenten Vertretern der Zunft mithalten. Spaß hat ihm alles dennoch gemacht. "Wir sind mit Leidenschaft Rad gefahren", erzählt Kühne, der in Zschortau das Licht der Welt erblickte und als Kind mit den Eltern nach Bitterfeld kam.
Dass er im IG Bad auf Anita treffen konnte, ist dem Schicksal geschuldet. Die Jubilarin stammt aus Pommern, musste die Heimat Ende 1945 verlassen und lebte lange Zeit im Barackenlager. "Einfach war es nicht", erinnern sich die Eheleute, die vier Söhne, eine Hand voll Enkel und Urenkel haben. Kühnes haben ihren Weg gemacht. Richard arbeitete über Jahre als Isolierer und wechselte schließlich als Lokführer in die Grube. Anita war bei Ogis, kümmerte sich zusätzlich um die stetig gewachsene Familie. Große Sprünge seien nie drin gewesen. Auch kein großer Urlaub, erzählen die Eheleute. Vermisst haben sie dennoch nichts. "Wir müssen nicht in die weite Welt." Zwar waren sie ein paarmal bei der Verwandtschaft an der Mosel. Von Paris, London und der See wollen Kühnes jedoch nichts wissen. Sie sind zufrieden mit sich und der Welt. Die ganze Familie lebt mehr oder weniger auf einem Fleck, Enkel und Urenkel kommen regelmäßig vorbei. "Das ist unser größtes Glück." Dass es so bleibt, hoffen Anita und Richard Kühne. Gesundheit wünschen sie sich. Gerade weil sie straff auf die 80 zugehen.