Bitterfeld Bitterfeld: Birgit Tischers Firma ist eine von 155 Neugründungen von 2010 bis 2012
Bitterfeld/MZ. - Eigentlich wollte sie Malerei studieren. Doch irgendetwas in ihr, meint sie, zog sie zur Pharmazie. Sie wurde pharmazeutisch-technische Assistentin und arbeitete in verschiedenen Apotheken im Landkreis.
Die Idee aber, doch mehr und direkter mit Menschen arbeiten und praktisch helfen zu wollen, ist im Laufe der Jahre immer mehr gewachsen. "Ich sah manchmal Patienten in der Apotheke, die ihre Arznei abholten oder einen Rat suchten und ich dachte oftmals: ,Ich weiß, wie ich helfen könnte.' Aber ich konnte bzw. durfte ja nicht, ich war keine Medizinerin. Doch ich hatte mich in meinem Beruf immer weitergebildet und vieles hatte ich mir auch von meinem Vater abgeguckt - gerade das, was mit alternativen Heilmethoden und Akupunktur so möglich ist", sagt sie.
2008, nachdem die Kinder aus dem Hause waren, war es für sie dann keine Frage mehr: Birgit Tischer orientierte sich beruflich um, in vier Jahren Fern- und Selbststudium wurde sie Heilpraktikerin - und bestand alle Prüfungen und Überprüfungen mit Bravour.
Das war im Mai vergangenen Jahres. Seitdem hat sie die Eröffnung einer eigenen Praxis vorbereitet, die sie zu Jahresbeginn in Bitterfeld eröffnete. Damit ist sie eine von 155 Gründern, die sich in den zurückliegenden zwei Jahren auf die eigene Füße gestellt haben. Ego-Pilotin Anja Wohlgethan weiß sehr wohl "dass ein Unternehmen nicht am Frühstückstisch gegründet wird", wie sie sagt. Allein von 2010 bis 2012 war sie mit fast 400 Leuten im Gespräch, die eine Firma gründen wollten. "Nicht alles funktioniert. Die Vorbereitung ist Dreh- und Angelpunkt. Und die Geschäftsidee, die einen von den anderen abhebt. Wenn ich mir die gegründeten Unternehmen im Jahr 2012 im Altkreis anschaue, weiß ich, dass davon 100 Prozent am Markt sind und dass es für sie weitergeht."
Birgit Tischer hat Existenzgründer-Seminare besucht, Gespräche geführt, Erfahrungen eingeholt, mit der Ego-Pilotin einen Geschäftsplan erarbeitet. Für die Industrie- und Handelskammer (IHK) Halle-Dessau ist klar, dass sich das Konzept tragen wird. So war grünes Licht gegeben für den Gründerzuschuss, den die Arbeitsagentur gewährt und der über sechs Monate Leistungen in Höhe des Arbeitslosengeldes plus 300 Euro für Sozialleistungen beinhaltet. "Das ist super. So schreibe ich von Anfang an keine roten Zahlen. Das gibt mir schon Sicherheit", sagt Birgit Tischer, "na und dann, denke ich, habe ich schon einige Kunden."
Die ersten Patienten übrigens sind schon behandelt. Einen Schwerpunkt hat die Heilpraktikerin auf die Allergiebehandlung gelegt. Dort arbeitet sie unter anderem mit Akupunktur nach einer von ihrem Vater entwickelten Methode. Das sei quasi ihre Besonderheit, mit der sich ihr Angebot von denen anderer abhebt, erklärt sie.
Birgit Tischer frischt mit ihrer Unternehmensgründung die Statistik der IHK auf. Denn die Tendenz der Gründungen ist rückläufig - nicht nur im IHK-Bezirk, zu dem der Landkreis Anhalt-Bitterfeld gehört, sondern in ganz Sachsen-Anhalt. Gleich um acht Prozent ist die Anzahl der Gründungen im Landkreis Anhalt-Bitterfeld von 2011 zu 2012 gesunken. 175 Firmen weniger stehen so 2012 im Register, setzt man Firmenanmeldungen und -abmeldungen ins Verhältnis.
Allerdings, sagt Antje Bauer, Expertin für Starthilfe bei der IHK, haben sich die Chancen für die Gründer sehr verbessert. "Waren Anfang der 90er Jahre die Hälfte der neuen Firmen nach drei Jahren wieder vom Markt verschwunden, waren 2012 noch 70 Prozent von den 2009 gegründeten Firmen da. Und wir sind guter Hoffnung, dass diese Unternehmen auch das fünfte Jahr noch erleben werden und dass das auch das noch nicht das Ende der Fahnenstange ist." Das führt sie unter anderem auf ein gutes Berstungsangebot, ein ausgezeichnetes Netzwerk der Kammern und das Gründernetzwerk der Ego-Piloten zurück. So komme mehr Klasse als Masse.