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Besonderer Schatz Besonderer Schatz: Bitterfelder will Künstler Walter Dötsch zum 111. Geburtstag ehren

Von Christine Färber 15.02.2020, 11:00
Roland Lasch hütet einen besonderen Schatz: Bilder von Walter Dötsch und die Erinnerung an den Künstler.
Roland Lasch hütet einen besonderen Schatz: Bilder von Walter Dötsch und die Erinnerung an den Künstler. André Kehrer

Bitterfeld - Roland Lasch hütet einen Schatz. Schon seit vielen Jahren. Und der ist sowohl sichtbar - an den Wänden seiner Wohnung. Aber auch unsichtbar - in seinem Herzen. Der Bitterfelder hütet das Andenken an den Maler Walter Dötsch. Viele Jahre war er bei ihm im Kunstzirkel der Filmfabrik.

Walter Dötsch würde, so er es könnte, in diesem Jahr seinen 111. Geburtstag feiern. Doch ist er bereits 1987 gestorben. In Bitterfeld. Hier hat der Mann, der an der Kunstakademie Königsberg und der Breslauer Kunstakademie bei Oskar Schlemmer studiert hat, tiefe Spuren hinterlassen. „Er hat ein Feuer entfacht, uns den Blick fürs Malen geöffnet.

Auch heute ist er - zumindest bei mir - immer noch da. Ich verehre ihn“, sagt Lasch und meint die Art, wie er mit den Leuten umging, wie er Wissen vermittelte, wie er Korrekturen anbrachte und die Zirkelmitglieder mit fast pädagogischem Geschick und Können sanft und fordernd auf ein höheres künstlerisches Niveau hob. „Handwerklich war er ein ganz Großer. Und er war, anders als Franke übrigens, Mitglied der Ost-CDU.“

Walter Dötsch leitete in Bitterfeld und Wolfen zwei Malzirkel

Dötsch leitete in Bitterfeld und Wolfen zwei Malzirkel - den der Filmfabrik, der 1949 gegründet wurde und der bis heute als Malverein „Neue Schenke“ Wolfen existiert, und den des Elektrochemischen Kombinats (EKB). Er gehörte zu den Vertretern des so genannten Bitterfelder Wegs, dessen grundlegender Anspruch es war, die „Entfremdung zwischen Künstler und Volk“ zu überwinden, die Arbeiter zu animieren, sich selbst künstlerisch zu betätigen. Ganz im Sinne des Sozialismus freilich.

Roland Lasch hat diese Zusammenarbeit dokumentiert. Mehrere Teile einer umfassenden Chronik hat der Bitterfelder mit viel Liebe und Hingabe angelegt. Und der Mann, der wirklich alles weiß über die Filmfabrik, Archivar Manfred Gill, hat ihm manch wertvolle Info gegeben und Wege eröffnet.

Lasch, der in der Filmfabrik Werbegestalter gelernt hatte, war Mitglied des Dötsch-Zirkels. Ein begeistertes, wie er auch heute noch ein begeisterter Maler ist. Allerdings in einem anderen Kunstverein. Aber das ist eine neue Geschichte ... Er lacht, wenn er an seine Anfangszeit bei Dötsch zurückblickt.

51 Leute hatte Dötsch zu Hoch-Zeiten um sich versammelt - allein von der Filmfabrik

„Bei uns gehörte es zum guten Ton: Wer in der Werbegestaltung arbeitet, muss auch in den Zirkel. Ja, da kriegte ich von Dötsch einen Eimer, eine Schippe, Kohle und Papier. ,Mal gucken, was du kannst’, meinte er. Und das hab ich wohl einigermaßen gut hingekriegt.“

Das also war Laschs Eintrittskarte zum Zirkel. 29 Jahre war der seine künstlerische Heimat. 51 Leute hatte Dötsch zu Hoch-Zeiten um sich versammelt - allein von der Filmfabrik. Und der Zirkel gehörte, wie Lasch nicht ohne Stolz sagt, auch mit -zig wichtigen Ausstellungen damals zu den führenden der DDR. Worin lag wohl das Geheimnis? Wahrscheinlich in der Person Walter Dötsch, meint Roland Lasch. „Er hat uns viel Raum gelassen. Und wir haben über unsere Arbeiten diskutiert“, sagt er und lachend meint er: „In uns allen steckt immer noch ein kleiner Dötsch. Der Walter lebt weiter bei uns.“

Lasch blättert in der Chronik und zu jedem Foto fällt ihm eine Geschichte ein. Da sind alte Bekannte - zum Beispiel die Jugendlichen Lore Dimter und Lutz Czaja, die heute noch künstlerisch dabei sind. Und Barbara Henning, die die spätere Frau Tübke werden sollte.

Während vieler Exkursionen und Reisen entstanden Studien, Skizzen, Bilder

Während vieler Exkursionen und Reisen - die Kombinate stellten die in künstlerischen Zirkeln organisierten Mitarbeiter für solche Highlights frei - entstanden Studien, Skizzen, Bilder. „Außer den politischen Sachen hat Dötsch ja viel mehr gemalt. Landschaften, Porträts, das Wolfener Ballett und viel, viel aus der Arbeitswelt“, so Lasch.

Die Themen freilich waren nicht aus der Luft gegriffen - sie lagen quasi auf dem Bitterfelder Weg. Wie auch immer - all das Schöne, das der Zirkel vereint hat, das besteht heute noch. Er wurde als „Neue Schenke Wolfen“ als einer der wenigen über die Wende gerettet. 2019 begingen die Mitglieder dessen 70. Jahrestag. (mz)

Skizze (u.) und Zeichnung
Skizze (u.) und Zeichnung
Walter Dötsch
Gezeichnete Arbeiterporträts gehörten zum Repertoire.
Gezeichnete Arbeiterporträts gehörten zum Repertoire.
Walter Dötsch
Die Arbeit auf dem Lande ist genauso wichtig wie die in den Werkhallen.
Die Arbeit auf dem Lande ist genauso wichtig wie die in den Werkhallen.
Walter Dötsch
Nicht alle Bilder passen an die Wände.
Nicht alle Bilder passen an die Wände.
Walter Dötsch