B4 X-Mas im Jugendklub 84 B4 X-Mas im Jugendklub 84: Silvio Müller bringt Hiphop zurück nach Wolfen

wolfen/MZ - Silvio Müller ist Wolfener. „Jahrgang 1976.“ Ein ganz normaler Fuhnestädter auf den ersten Blick. „Ich bin Weazl.“ Schnell ist klar, dass Müllers Welt doch nicht die des Durchschnitts ist. Weazl ist ein Mann des Hip-Hop, der gern gegen den Strom schwimmt.
Der Mittdreißiger trägt das Basecap locker im Nacken. Cool muss der Mensch sein und im Falle von Weazl wortgewandt. „Ich bin aus 1970. Das gibt sich. Ihr kommt nach Wolfen. Ich hab geholfen.“ Die Beats sind gesetzt, die Worte fliegen. Im Jugendclub 84 ist die Szene zu Gast. „Da B4 X-Mas“ erlebt seine 15. Auflage und hat zum ersten Mal nach 2002 zurückgefunden an die Fuhne.
"Da ist alles zu klein hier. Das ist eben nicht Berlin oder Leipzig."
Weil in den Plattenbauten die Hip-Hop-Szene zu Hause ist? Weazl windet sich. Selbst hat er Anfang der Neunziger genau hier mit Rap begonnen. Public Enemy und der Film „Beat Street“ hatten ihn auf den Weg gebracht. Bekannte waren als Sprayer unterwegs, andere setzten auf Beatbox und Breakdance. „Aber Szene? Da ist alles zu klein hier. Das ist eben nicht Berlin oder Leipzig.“ Dennoch ist Müller überzeugt, dass die Subkultur auch in Wolfen ihre Freunde hat. Deshalb kam „Da B4 X-Mas“ zurück an die Fuhne, wo sich Hip-Hop in Weazls Selbstverständnis durchaus wieder richtig freischwimmen kann.
Der Event im Club soll helfen. Es gibt Workshops in Breakdance und mit DJ. Auch Rap steht auf dem Plan. Hip-Hopper sind lockere Typen, Zeit ist relativ.
Als alles nach Plan schon anderthalb Stunden laufen soll, entwirrt Weazl in aller Ruhe noch die Mikrofonkabel. Was soll’s? Alles wird. Und schon gibt es die ersten Verse via Mikro. DJ Chrisbert aus Dessau legt auf, die L-Brothers aus Leipzig schauen um die Ecke. „Probieren?“ Müller und Co. schwimmen in ihrer Heimat gegen den Strom. Nur wenige Neugierige sind da. Die echten Fans werden erst Stunden später auftauchen und die Nacht bei Beats und Raps zum Tage machen. Gut 150 Besucher werden schließlich gezählt. Die Party ist zurück im Revier.
Doreen Heidel ist seit Jahren im Jugendclub-Verein unterwegs. „Wir haben hier wirklich mehr Hardrocker“, ist sie überzeugt. Dem Hip-Hop öffneten die Hausherren trotzdem die Türen. „Ich würde das schon probieren“, sagt Collin Seidewitz. Der Blondschopf ist Dauergast im Club, will sich versuchen im Rap und ist zumindest äußerlich bestens eingestellt darauf. Um den Hals trägt er eine schwere Kette. Klischee, meinen die einen. Als coolen Gangsterlook sehen es die anderen. Collin steht auf Rap, schnappt das Mikro und hat seine echte Bewährungsprobe noch vor sich.
"Die Füße nicht anheben. Die Fläche verteidigen."
Die L-Brothers aus Leipzig sind Breakdancer in Reinkultur. BJ und Mill dehnen sich. Die Hand streift über den Boden. Der Untergrund ist hart und glatt. BJ steht Kopf. Arme und Beine rotieren. Stopp. Alles erstarrt. Der Mann steht wirklich nur auf dem Kopf. Applaus wirkt fast schon störend. Cool ist der Mensch. Das ist die Botschaft. Collin Seidewitz staunt und hat jetzt Verstärkung dabei. André Limbach steigt ein. Schritte vor und zurück. Balance halten. Verteidigen, Angreifen. Für BJ und Mill ist die Welt einfach. Collin und André schwitzen. Um wirklich locker über den Boden wirbeln zu können, braucht es Zeit. „Über den Boden“ ist am Ende sogar relativ. „Die Füße nicht anheben. Die Fläche verteidigen.“ Breakdance strengt an. Schweiß steht auf der Stirn.
Silvio Müller alias Weazl ist zufrieden mit der Wolfener Veranstaltung. „Da B4 X-Mas“ läuft. Der Hip-Hop ist zurück im Quartier.
