1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Bitterfeld-Wolfen
  6. >
  7. Ärztemangel: Ärztemangel: Zörbig verliert einzige Kinderarztpraxis

Ärztemangel Ärztemangel: Zörbig verliert einzige Kinderarztpraxis

Von Stefan Schröter 20.04.2016, 10:23
Das Zörbiger Ärztehaus verliert ab Mai seine Kinderärztin.
Das Zörbiger Ärztehaus verliert ab Mai seine Kinderärztin. André Kehrer

Zörbig - Herber Schlag für viele Eltern: Die Kinderarztpraxis in Zörbig schließt. Am 19. Mai wird Ärztin Dr. Gabriele Giesel wohl zum letzten Mal für ihre jungen Patienten öffnen. Danach müssen sie auf andere Praxen ausweichen. Das erklärte das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) Bitterfeld/Wolfen auf MZ-Nachfrage. Die Zörbiger Einrichtung gehört zum MVZ. Die Praxis müsse nach dessen Angaben schließen, weil kein neues Personal für Zörbig gefunden werden konnte.

Kinderärztin Giesel hat lediglich 15 Stunden in der Woche Sprechstunde, da sie nur mit einer halben Zulassung arbeitet. Um Kinder regelmäßiger behandeln zu können, habe das MVZ für die Zörbiger Praxis eine weitere Ärztin gesucht. Doch das sei misslungen: „Mit der fehlenden ärztlichen Besetzung und den damit verbundenen eingeschränkten Sprechstunden-Angeboten sowie den rückläufigen Patientenzahlen seit 2013 ist eine Wirtschaftlichkeit für den Standort nicht mehr gegeben und ohne volle ärztliche Besetzung nicht mehr tragbar“, heißt es.

Ärzte zieht es nicht nach Zörbig

Das MVZ habe sich seit dem Kauf der Praxis im Jahr 2013 bemüht, langfristig einen Nachfolger für Ärztin Giesel zu finden. Damit hätte sich, so das MVZ weiter, die Chance für Frau Giesel ergeben, wegen ihres Alters etwas kürzer zu treten, aber trotzdem noch ärztlich tätig sein zu können.

Aber Kinderärzte zieht es offenbar in größere Städte, kommuniziert das MVZ: „Aufgrund des Ärztemangels und der großen Nachfrage nach Fachärzten suchen sich Ärzte inzwischen die Arbeitsstelle auch nach Aspekten der Work-Life-Balance aus“, erklärte Sprecherin Reifenscheid. Die ländliche Gegend sei oft nicht mehr attraktiv, was sich nicht nur in Zörbig, sondern auch in Bitterfeld oder Wolfen bemerkbar mache.

Enttäuschung im Stadtrat

Die Enttäuschung über die Schließung ist im Zörbiger Rathaus immens: „Wir bedauern diese Entscheidung sehr. Das ist ein schwerer Verlust, vor allem bei der Daseinsfürsorge für unsere Einwohner“, beklagt Bürgermeister Rolf Sonnenberger (Bürger für Zörbig/Wählerliste Sport). „Wir finden es auch nicht in Ordnung, dass bis heute nicht mit uns über die geplante Schließung gesprochen wurde.“ Die Kinderarztpraxis wird heute auch im Stadtrat ein Thema sein. Gut möglich, dass der Rat Maßnahmen beschließt, um das Aus noch zu verhindern.

Das MVZ schickt die jungen Patienten derweil künftig in seine Praxis im Gesundheitszentrum Bitterfeld/Wolfen. Gabriele Giesel werde nach der Schließung nicht mehr für das MVZ tätig sein.

Im Landkreis Anhalt-Bitterfeld gibt es damit bald wohl nur noch zehn tätige Kinderärzte. Sie verteilen sich nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) auf Bitterfeld (4 Ärzte), Wolfen (3), Jeßnitz (1), Köthen (3) und Zerbst (1). „Kinderärzte verfügen aufgrund ihrer Weiterbildung und ihrer Praxistätigkeit über ein spezifisches Fachwissen zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen von der Säuglingszeit bis zum Abschluss der somatischen Entwicklung“, erklärt eine Sprecherin der KV Sachsen-Anhalt. Überwiegend würden die Kinderfrüherkennungsuntersuchungen von Kinderärzten durchgeführt. Die KV hatte laut eigenem Bekunden bis Dienstag übrigens noch keine Kenntnis von der Praxis-Schließung in Zörbig. (mz)