Anschlag in Halle Anschlag in Halle: Sein Opfer Jana L. aus Wolfen war Fan und Freundin

Bitterfeld-Wolfen - Sie war ein Mensch, der wohl niemandem etwas Böses wollte, eine Frau, die stets auf andere zuging, aber auch mal offen ihre Meinung sagte. Vielleicht kostete Jana L. diese Offenheit das Leben. Besonders in der Region um Bitterfeld-Wolfen löst der Mord an der 40-Jährigen große Betroffenheit aus. Jana L. stammt von hier, ihre Mutter lebt in Wolfen.
Jana L. kommt am Mittwochmittag auf dem Nachhauseweg an der halleschen Synagoge vorbei und begegnet dort ihrem Mörder. Als der mit einer selbstgebauten Schusswaffe und Sprengstoff in das jüdische Gotteshaus eindringen will und scheitert, spricht die 40-Jährige den Mann an. Offenbar erkennt sie nicht die Gefährlichkeit der Situation.
„Muss das sein, wenn ich hier lang laufe!?“, sagt sie zum Täter, der seine Tat live im Internet überträgt und ein Massaker plant. Der 27-Jährige schießt ihr in den Rücken. Vier Mal. Wenig später schießt er erneut, als sie längst am Boden liegt. Sie stirbt vor der Synagoge in der Humboldtstraße. Jana L. wurde durch einen Zufall das Opfer eines Fanatikers.
Der Tod von Jana L. löst in der Region große Betroffenheit aus
Ihr Tod löst in der Region große Betroffenheit aus. Jana L. wuchs in Wolfen auf und besuchte dort die damaligen Goetheschule. Später absolvierte sie eine Ausbildung in der Verwaltung der damaligen Stadt Bitterfeld. Marcel Urban, persönlicher Referent des Oberbürgermeisters, trauert auf Facebook: „Nach der gemeinsamen Ausbildung haben wir uns aus den Augen verloren. Es tut mir leid. Mit Deinem Mut den Täter anzusprechen, hast Du anderen Menschen das Leben gerettet. Du bist/warst eine Heldin.“
In eine Festanstellung wurde Jana L. allerdings nach ihrer Ausbildung nicht übernommen. Der heutige Oberbürgermeister von Bitterfeld-Wolfen, Armin Schenk, sagt: „Sie ist eine einstige Kollegin. Ihr Tod löst große Betroffenheit in unserer Stadt aus. Mein Mitgefühl gilt der Familie.“
Jana L.s Leidenschaft war die Musik. Sie sang in einem Chor und opferte vieles, um Konzerte besuchen zu können. Dabei war die erste Reihe ein Muss. „Sie war auch bei wohl jedem Konzert im Bitterfelder Kulturpalast dabei, ebenso bei den Auftritten unseres Balletts“, erinnert sich ein erschütterter Rolf Krause, Chef des Kinder- und Jugendballetts 1965.
Die gelben Schilder, die sie hielt, waren bei vielen Musikern bekannt
Die gelben Schilder, die sie hielt, waren bei vielen Musikern bekannt. Besonders nah war sie der Saxophonistin Kathrin Eipert aus Brehna, die mit ihrem Ensemble deutschlandweit unterwegs ist. „Ich kannte Jana viele Jahre, sie war ein sehr lieber Mensch“, sagt Eipert spürbar bewegt.
Nach Konzerten habe sie oder einer ihrer Kollegen Jana öfter nach Hause gebracht. „Wir wollten nicht, dass sie nachts allein im Dunkeln mit dem Zug fahren muss. Umso fassungsloser bin ich, dass Jana nun am helllichten Tag auf offener Straße erschossen wurde“, so Eipert. Die 40-Jährige sei ein herzensguter Mensch gewesen. Immer fröhlich und stets mit einem Lächeln auf den Lippen. „Sie hat jeden umarmt, den sie kannte.“
Die Roßlauer Schlagersängerin Annemarie Eilfeld schreibt tief bewegt: „Ruhe in Frieden Jana. Mir bricht es wirklich das Herz, dass wir uns letzte Woche das letzte Mal gesehen haben.“ Auch zu anderen Sängern und Musikern pflegte Jana L. ein enges Verhältnis, sammelte mit Leidenschaft Autogramme. „Sie war fasziniert von der Unterhaltungsbranche und war gerne ein Teil davon“, sagt Eipert. Für sie war Jana L. nicht nur ein Fan, sondern eine gute Freundin. (mz)