Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Rühlmann ist der andere große Name
BOBBAU/MZ. - "Wir feiern mit Bora", sagt Pfarrerin Margareta Seifert mit einem Augenzwinkern. Denn Bora hat eigentlich wenig mit der gleichnamigen Ehefrau des Reformators Martin Luthers zu tun. Denn mit Bora ist der Bobbau-Raguhner Kirchenchor gemeint. Das Spiel mit dem Namen sei kein Zufall und soll für die Nähe zum Reformator stehen.
Rühlmann ist der andere große Name, der die Runde macht. Denn aus der Rühlmannschen Orgelbauanstalt in Zörbig stammt die Orgel, die auch 130 Jahre nach der Anschaffung noch immer ihren Klang verbreitet in der Bobbauer Kirche, die ebenfalls in den Mittelpunkt der Feier rückt. Denn das Gotteshaus ist inzwischen 135 Jahre alt. "Die neue Kirche", präzisiert die Pfarrerin. Denn eine Kirche habe es auch vorher schon im Ort gegeben. 1612 muss sie bereits bestanden haben. Das belegen Unterlagen aus jener Zeit.
Doch irgendwann wäre sie einfach zu klein für die stetig wachsende Gemeinde gewesen, bestätigt Margareta Seifert. Der alte Bau wich dem neuen, dessen 135. Geburtstag mit einem musikalischen Gottesdienst gefeiert wurde. Zwei Kantoren gaben dabei den Ton an. Friedgard Steimecke leitete den Chor, Thomas Brandt spielte auf der bekannten Orgel. Dafür war er aus dem thüringischen Oberweißbach angereist.
Das jedoch wundert in der Bobbauer Gemeinde niemanden, wie auch Brandt selbst die Reise in die Reihe ganz normaler Ereignisse einstuft. Zumal er in Bobbau aufgewachsen sei und die Kirche bis ins Detail kenne. "Hier ist mein Heimatchor. Hier habe ich zum ersten Mal Orgel gespielt", erklärt der Kirchenmusiker, der sich freut über den Klang der Königin der Instrumente. Die wurde von der Gemeinde erst fünf Jahre nach Fertigstellung der neuen Kirche angeschafft. 1880 war das, das Gotteshaus selbst wurde am 8. November 1875 geweiht.
Dass die Bobbauer Kirche im Aussehen nahe bei der Jeßnitzer liegt, verwundert Margareta Seifert nicht. "Bobbau gehörte damals zu Jeßnitz, da sind wahrscheinlich viele Sachen doppelt aufgelegt worden." Trotz aller Nähe haben beide Häuser allerdings ganz unterschiedliche Geschichten erlebt. In Bobbau lag das Gotteshaus im April 1945 mitten in der Kampflinie.
Die Zerstörungen an der Kirche waren beträchtlich, der Wiederaufbau zog sich über Jahre hin und hinterließ Spuren. Die Turmspitze ist heute flacher als zu Zeiten der Kirchenweihe.
Auch die Fenster im Altarraum sind einfacher ausgefallen. Farbige Rhomben dominieren, wo einst Bilder in Glas eingelassen waren und kurz nach dem Krieg dicke Filmfolie Schutz vor Wind und Regen bot. "Wir werden es bei den anderen Fenstern wohl auch bei den Rhomben lassen", gibt die Pfarrerin einen Ausblick auf die demnächst anstehenden Bauarbeiten.
Mehr Mut zur Farbe möchte die Gemeinde allerdings bei der Ausmalung des Gotteshauses zeigen. Denkmalschützer haben an verschiedenen Stellen die alten Farben freigelegt. "Es war dunkel, richtig dunkel", wissen die Gemeindemitglieder. Sie haben sich nicht auf eine Kopie des Originalzustandes festgelegt. Aber strahlend weiß wie jetzt soll die Kirche auch nicht bleiben.