Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: «Es tut mir so leid»
thalheim/MZ. - Vom Wohnzimmerfenster aus konnte sie damals beobachten, wie Q-Cells entstand, sieht heute noch, dass abends das Licht brennt. Karin Messerschmidts fürchtet, dass irgendwann alles dunkel ist auf dem Betriebsgelände. "Es tut mir so leid, was da gerade passiert und man kann einfach nicht helfen. Auch bei uns im Ort gibt es eine große Anteilnahme, einige haben Bekannte, die in dem Unternehmen arbeiten", sagt die Zschepkauerin. "Wenn ich daran denke, dass die Leute um ihre Arbeit bangen, ist das sehr traurig. Ein paar haben sich ja hier was geschaffen, ein Haus gekauft - und jetzt?"
In Thalheim selbst ist die Stimmung bei einigen Einwohnern gedrückt. "Die Pleite wird sich auch auf den Ort auswirken, da bin ich mir ganz sicher. Es ist viel Geld nach Thalheim geflossen, durch das Gewerbegebiet im Allgemeinen und eben durch Q-Cells", erzählt Erika Okon. "Es gab hohe Steuereinnahmen, die Gemeinde war mal sehr reich. Außerdem: Q-Cells hat auch als Sponsor viel für das Dorfleben getan, hat sich sehr engagiert." Der Sportplatz beispielsweise sei mit Hilfe des Unternehmens gebaut worden und ein "richtiges Schmuckstück". Es ist auch auf einer großen Tafel vor der Ortskirche verewigt: Darauf sind die Spender aufgelistet, die halfen, das Umfeld des Gotteshauses und der Feuerwehr umzugestalten. "Falls Q-Cells nicht mehr zu retten ist, wird es Thalheim schwer haben. Dann kann ich mir vorstellen, dass verschiedene Dinge finanziell nicht machbar sind. Es ist einfach schade, für den Ort, aber vor allem auch, wenn man an die Mitarbeiter denkt", so Erika Okon. Über die aktuelle Entwicklung war man jedoch weniger überrascht. "Man hat zwar gedacht, dass es immer so weiter geht, aber irgendwie hat man es auch kommen sehen", sagt Ehemann Klaus Okon. Er wohnt bereits seit über 30 Jahren in Thalheim. "Die Zahlen wurden ja schlechter, es gab Kurzarbeit. Die Firma hat sich aus meiner Sicht übernommen, ist zu schnell zu groß geworden. Wenn ich zu Hause so gewirtschaftet hätte, wäre ich auch pleite. Vielleicht hätte man sich ein zweites Standbein schaffen sollen."
Die Wirtin des Gasthofes "Zur Eiche", Margot Mann, bedauert die Entwicklung ebenso. "Es ist traurig und man fühlt mit. Von der Unternehmerseite ist es aber so, dass wir als Gasthof nichts von Q-Cells hatten, weil die Mitarbeiter in der Werkskantine gegessen haben." Deshalb befürchte sie auch keine Umsatzeinbußen.
Der Thalheimer Peter Freiheit berichtet von Mitarbeitern, die sich in der Neubausiedlung des Ortes niedergelassen haben. "Nicht nur für sie wäre es hart, wenn sie ihre Arbeit verlieren. Er hofft, dass Q-Cells "wieder auf die Beine kommt, vielleicht nicht so groß wie vorher": "Schade, dass alles so gekommen ist. Es ist in den letzten 20 Jahren schon viel den Bach runter gegangen."