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Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Bei Wind und Wetter

Von detmar oppenkowski 31.01.2012, 18:23

sandersdorf/MZ. - Eisig fegt die sibirische Kälte über Straßen und Felder. Obwohl das Thermometer sieben Grad unter Null anzeigt, liegt die gefühlte Temperatur im zweistelligen Minusbereich. Doch das alles kann Rainer Franze nicht mehr schocken, denn der Straßenwärter arbeitet seit 13 Jahren bei der Straßenmeisterei Sandersdorf und ist bei Wind und Wetter draußen unterwegs.

Im Zweischichtsystem oder im Bedarfsfall auch rund um die Uhr kümmert er sich zusammen mit seinen 30 Kollegen um die etwa 350 Bundes- und Landesstraßenkilometer im Landkreis Anhalt-Bitterfeld und befreit sie von Eis und Schnee.

Drei Uhr beginnt die erste Schicht. Bevor der 52-Jährige aber sein Arbeitsgerät - einen orangefarbenen Unimog mit Schneepflug - besteigen kann, muss er zunächst einmal den Weg von Merseburg nach Sandersdorf meistern. "Ich stehe kurz nach eins auf und fahre um zwei Uhr los." Zu dieser Zeit sei noch keine Straße gemacht.

Allerdings biete dies einen Vorteil. "Ich weiß dann genau, was draußen los ist." Entsprechend rüstet er sein Fahrzeug auf. Dazu muss Franze in die riesige Lagerhalle fahren. Vor dem Winterbeginn hatte sich die Straßenmeisterei hier mit 1 000 Tonnen Salz bevorratet. Davon ist nun schon fast die Hälfte aufgebraucht. Hat man in den vergangenen Tagen wirklich soviel streuen müssen?

"Ja und nein", meint der Leiter der Straßenmeisterei, Jens Küchler. "Was die meisten nicht sehen: Auch wenn kein Schnee liegt, kontrollieren wir schon seit mehreren Wochen und haben bei überfrierender Nässe, gerade in Kurven und auf Brücken, gestreut", sagt er, während der Straßenwärter den drei Tonnen fassenden Aufsatz mit Streusalz füllt. Hinzu kommt Sole. "Die wird mit dem Salz vermischt, damit es besser auf dem Asphalt haftet."

Da alle Handgriffe sitzen, kann es nach einer Viertelstunde auch schon losgehen. Acht Touren gibt es im Landkreis. Rainer Franze hat am Dienstag die Tour eins erwischt. Die umfasst die B 100 in Richtung Halle, die B 184 in Richtung Delitzsch und die B 183a. "Das entspricht einer Strecke von 90 Kilometern", sagt er. "Wenn Schnee geschoben werden muss, bin ich hier etwa drei Stunden unterwegs. Handelt es sich um Kontrollfahrten, dann brauche ich nur die Hälfte der Zeit." Wichtig bei den Fahrten sei, dass man immer die richtige Antwort auf die wechselnden Gegebenheiten habe. "Wenn Schnee liegt, wird geschoben und gestreut. Sind die Straßen - so wie am Dienstag - frei, reicht es, wenn man an neuralgischen Punkten Salz aufbringt." Das sei mittlerweile Routine. Doch es gebe zwei Herausforderungen.

Das eine ist der Dauerschneefall. "Am vergangenen Sonnabend hat es geschneit und geschneit. Man fährt seine Route und kann eigentlich wenig ausrichten, weil alles sofort wieder zu ist." Das andere sind die Verwehungen. "Schnee und Wind in Kombination sind unsere größten Feinde, denn man weiß nie, wo und in welchen Größenordnungen einzelne Straßenabschnitte betroffen sind." Auch daher hat die Straßenmeisterei zusätzlich zehn Kilometer Schneezäune aufgestellt. "Man kann nicht die ganze Fläche sichern", so Küchler. "Aber wir wissen, wo die Schwerpunkte in den vergangenen Wintern lagen."

Was man hingegen schwer sichern könne, seien die Waldbereiche. "Am Tage hält sich hier die Nässe. In der Nacht gefriert sie." Das werde immer wieder unterschätzt. Ebenso wie die Arbeit des Winterdienstes. "Natürlich gibt es auch Autofahrer, die sehen uns als Verkehrshindernis. Manche hupen, überholen und treten dann auf die Bremse. So ein Verhalten birgt für alle Verkehrsteilnehmer unkalkulierbare Gefahren", so Rainer Franze, den mittlerweile so schnell nichts mehr aus der Ruhe bringen kann.

Statt auf den Verkehr hinter sich achtet er auf die vor ihm liegende Bundesstraße. Momentan müsse zwar eigentlich nicht mehr geschoben werden. Doch auf dem Seitenstreifen entdeckt der Straßenwärter dann doch noch Schneeverwehungen. Er drückt eine Steuerungstaste. Schon fährt das orangefarbene Schild nach unten und schiebt alles zur Seite. "So, das hätten wir auch", meint er und verweist auf die beiden vorhergehenden Winter. "Da war es wirklich arg." Und der habe nicht nur Spuren auf den Straßen, sondern auch im Salzlager hinterlassen. "Es war zum Schluss fast leer. Im Vergleich dazu ist dieser Winter für uns bisher ein Kinderspiel. Aber so oder so, der Arbeitsaufwand bleibt der selbe."