Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Bau der Pilotanlage vorerst ausgesetzt
ZSCHERNDORF/MZ. - "Die Hoffnung stirbt zuletzt", sagt der Zscherndorfer Wolfgang Henschel und das klingt bitter und ironisch zugleich. Denn die Bewohner jener rund 104 Häuser in Zscherndorf, in denen die Keller weiter vernässen, glauben, dass diese Hoffnung im ansteigenden Grundwasser ersäuft. Der Bau einer Pilotanlage, die der Bergbausanierer Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbauverwaltungsgesellschaft (LMBV) in diesem Jahr in Zscherndorf errichten wollte, um das Problem des ansteigenden Grundwassers in den Griff zu bekommen, ist ausgesetzt. Das ist den Bürgern am Mittwoch mitgeteilt worden.
Grund dafür sind "aus der durchgeführten Ausschreibung resultierende erhebliche Mehrkosten". Jetzt müssten "bezüglich der Wirtschaftlichkeit der Komplexmaßnahme" die Kosten "neu beachtet" werden, so die LMBV, die zur Versammlung der Bürger keine Medien zugelassen hatte. Bis Mitte Dezember sollen Land und Bund darüber entschieden haben, ob das Geld zur Verfügung gestellt wird oder was sonst passieren soll.
"Wir wollen endlich die zentrale Lösung, die uns zur Bürgerversammlung in Zscherndorf am 31. August 2009 - und das im Beisein des Vorsitzenden der LMBV-Geschäftsführung, Dr. Mahmut Kuyumcu - versprochen worden ist", so Henschel im Namen der Betroffenen, von denen sich einige zu einer Interessengemeinschaft zusammengeschlossen haben. "Damals wurde versprochen, dass eine nachhaltige zentrale Absenkung des Grundwassers erfolgt und bei Häusern in den Randgebieten hier und da bauliche Maßnahmen möglich sein könnten. Damit waren wir einverstanden."
Doch das sollte offenbar nicht das letzte Wort sein. Der Baubeginn des so genannten Schlitzgrabens mit verlaufsgesteuerter Horizontaldrainage verzögerte sich von Mai 2010 auf Anfang Oktober, auf Mitte Oktober, auf unbestimmte Zeit. "Wenn jetzt entschieden wird, dass das alles zu teuer ist, dann sind wir wieder dort, wo wir vor vier Jahren schon mal waren: Schraps hat'n Hut verloren", sagt Henschel. "Die Politik ist hier gefordert." Aber außer Landrat, Bürgermeister und Ortsbürgermeister habe er keinen Politiker im Saal gesehen.
Wie es jetzt weiter geht, das wissen die Zscherndorfer nicht. Sie wissen nur eins: Die Zeit drängt, denn das Wasser steigt und steigt. Seit 2006 beobachtet Wolfgang Henschel, der seit 1974 in Zscherndorf wohnt, da eine Kontinuität. Doch noch vor drei Jahren, sagt er, seien durchaus auch für wassergefährdete Gebiete in Zscherndorf Baugenehmigungen erteilt worden. Bei den damals gemachten Baugrunduntersuchungen an der Ecke Melanchthonstraße habe das Grundwasser bei 2,80 Meter unter der Erdoberfläche gestanden, heute bei 60 Zentimetern.
Die Betroffenen haben den Verdacht, dass statt der teuren großtechnischen Lösung eine billigere individuelle Variante favorisiert werden soll: eine Wanne für jedes Haus im Wasser. "Wer soll denn das bezahlen - wir müssen ja immerhin zehn Prozent der Kosten selbst tragen. Die Hälfte der Leute, die in dem Bereich wohnen, sind Rentner, viele allein stehend", so Henschel, der Mitglied der Interessengemeinschaft ist. "Aber selbst wenn jetzt das Geld für die Anlage genehmigt wird und das Pilotprojekt erfolgreich wäre, gehen die Jahre bis 2017 ins Land. Bis dahin sind wir abgesoffen." Er ärgert sich, weil bisher nur geredet worden sei. Das Vertrauen der Bürger leide darunter. "Die Projekte gibt es, jetzt hapert es plötzlich am Geld. Wir können das nicht beurteilen, ob das stimmt. Wir müssen uns darauf verlassen", meint er und verweist auf das so genannte dritte Verwaltungsabkommen von Bund und Braunkohleländern, das die Finanzierung der Bergbausanierung finanziell regelt. "Geld steht ja zur Verfügung", so Henschel, "aber wahrscheinlich sind die Probleme so groß, dass sie den Rahmen schon sprengen. Der Grundwasseranstieg ist ja nicht nur ein Problem in Zscherndorf sondern in ganz Mitteldeutschland."
In Zscherndorf sollten eine Horizontaldrainage im Bereich Lessing- / Melanchthonstraße und ein Schlitzgraben im Bereich Kurze Straße / Mozartstraße errichtet werden. Damit wollte die LMBV über neun Monate Messwerte von Grundwasser und geologischen Gegebenheiten sammeln, um dann eine endgültige Variante favorisieren zu können. Im Mai 2011 wollte sie die Ergebnisse präsentieren und die Vorzugsvariante für Zscherndorf ausarbeiten.