1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Bitterfeld-Wolfen
  6. >
  7. Alte Liebe zu ihrem Chor wird sicher niemals rosten

Alte Liebe zu ihrem Chor wird sicher niemals rosten

Von ULF ROSTALSKY 09.11.2009, 16:31

MULDENSTEIN/MZ. - Das Dasein für andere und das mittlerweile Jahrzehnte währende Engagement im Volkschor Muldenstein haben dessen Mitglieder zum Anlass genommen, die 63-Jährige für die Ehrung als Helferin mit

Herz vorzuschlagen. "Aber", sagt die redegewandte Frau, "mit den Leuten muss ich schon noch ein Wörtchen reden. Da schlagen die mich einfach so vor..." Eine solche Überraschung hätte es für Ursula Scheibe gar nicht geben dürfen in ihrem Chor. Denn dort weiß sie von allem und jedem.

Im Kreis der Sänger organisiert sie, führt die Anwesenheitslisten, ist Vorstandsmitglied. "Die Frau für alle Fälle", sagen die anderen Sänger über die treue Seele mit der Sopran-Stimme. Denn sie packe an, schaue nicht weg. Sei da, wenn Hilfe gebraucht werde. "Ich habe mittlerweile sogar meinen Mann mit eingespannt", betont Ursula Scheibe. "Ich kann doch kein Auto fahren." Also tourt die bessere Hälfte mit der Sängerin aus Leidenschaft durch die Gegend - in Sachen Chor natürlich.

Dass es die Mitgliedschaft im Ensemble überhaupt gab und dass daraus mittlerweile die nicht rosten wollende alte Liebe geworden ist, kann Ursula Scheibe nur schwer erklären. Vielleicht, meint die Jung-Seniorin, seien es die Menschen, die dem Chor zu etwas Besonderem haben werden lassen. Eine nicht untergeordnete Rolle spiele sicher auch die Verantwortung, die sie im Verein gern und schon sehr zeitig übernommen habe.

1978 beim gemeinschaftlichen Straßenbau in der Muldensteiner Siedlung wurde Ursula Scheibe angesprochen, blickt sie zurück. "Lust aufs Singen im Chor? Warum eigentlich nicht", erinnert sie sich. Gesungen habe sie immer gern, Akkordeon für den Hausgebrauch spielen können. Dass aus den Schnupperstunden von damals eine über Jahrzehnte währende Mitgliedschaft werden würde, habe sie nicht geahnt. "Und mein Mann war auch nicht gerade begeistert, wenn ich Woche für Woche zur Chorprobe gegangen bin", stellt sie fest.

Heute hat Ursula Scheibe auch ihn mit dem Chorfieber angesteckt. "Aber singen kann er immer noch nicht", sagt sie lächelnd. Die rührige Frau war nicht lange nur Sängerin. Nach einem Jahr war sie Vorstandsmitglied, 20 Jahre hatte sie das Amt der Schriftführerin inne. Von "meinem Chor" redet Ursula Scheibe, erzählt sie vom mittlerweile 111 Jahre alten Volkschor in Muldenstein. Zu Hause hat sie ein Büro für die Vereinsarbeit eingerichtet. "Und einen Computer angeschafft, denn es muss doch alles ordentlich geführt sein", ergänzt sie.

Sie kümmert sich um Jubiläen, hält den Kontakt zum Sängerkreis Anhalt-Dessau, zieht die Fäden mit, wenn es um Termine geht. Das war schon zu DDR-Zeiten so. Damals war der Chor zum Auftritt bei der Sendung "Alles singt" im Fernsehen, zu Pfingsten ging es auf Mehrtagestouren. "Schöne Zeiten", meint Ursula Scheibe und rührt mit Vehemenz die Werbetrommel fürs Singen.

"Wir brauchen neue Mitstreiter", betont sie und räumt mit einem Vorurteil auf. Klassische Lieder stünden auf dem Programm - sicher. Aber mit dem neuen Chorleiter Manfred Ridil seien auch englische Titel ins Repertoire gerückt. Die Jüngeren sollen einfach zu einer Probe "zum Schnuppern" kommen. Sie selbst habe doch auch als Mutter und Ehefrau den Weg in den Chor gefunden.