Abschlussarbeit an Uni Abschlussarbeit an Uni: Friedersdorfer erforscht Geschichte des Kulturpalastes in Bitterfeld

Friedersdorf - Geschichte? Langweilig! Nicht für Marc Meißner. Der 23-jährige Friedersdorfer schüttelt energisch den Kopf. Zu wissen, was war, hat für ihn eine Faszination: „Irgendwann, wenn man sich mit den Dingen befasst, entsteht ein klares Bild von Vergangenheit. Wenn sich eine Frage, die sich aus der anderen ergibt, beantwortet. Alles, was passiert, beeinflusst das Leben.“
Was liegt da näher, als sich Geschichte gleich zur Lebensaufgabe zu machen? Meißner hat das getan und er hat noch viel vor. Sein Traum: im Militärhistorischen Museum Dresden oder im Zentrum für Militärgeschichte Potsdam zu arbeiten. Wissenschaftlich.
Denn eine Promotion strebt der Student der Staats- und Sozialwissenschaften an der Uni der Bundeswehr in München schon an. Doch vor den Erfolg hat der liebe Gott die Arbeit gesetzt, vor die Höhen die Täler.
Den Schwerpunkt seines Studiums hat er auf Geschichte und Soziologie gelegt. Spezialgebiet: DDR
Einiges hat Meißner schon mit Erfolg geschafft. Sich allein die Zulassung für die Bundeswehr-Uni zu erkämpfen, ist nicht jedem gegeben. Von 10.000 Abiturienten, die sich mit ihm bewarben, wurden 3.000 zum Studien-Test eingeladen. 1.800 bestanden. Der Mann aus dem Osten war dabei.
Und schnell auch mittendrin: Nach dem Praktikum beim Militärattaché-Stab in Paris 2018 war er im Team, bei dem die Organisation des Besuchs des damaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck zum feierlichen Gedenken an die Schlacht von Amiens 1918 lag. In der eindrucksvollen und voll besetzten Kathedrale von Amiens trug Offizier Meißner „Memoiren eines deutschen Soldaten“ von Wolfgang Panzer vor. Theresa May, Manuel Macron, Joachim Gauck, Prinz William und weitere Personen der Weltpolitik in der ersten Reihe. „Das war toll, das vergesse ich nie.“
Den Schwerpunkt seines Studiums, das zeitgleich mit der militärischen Ausbildung läuft, hat er auf Geschichte und Soziologie gelegt. Spezialgebiet: DDR. Das Land hat er selbst nicht erlebt. Wohl aber ist er verwurzelt, wo es einst war. Kennt das Lebensgefühl der Leute, das ein anderes ist als das derer, für die Ostdeutschland noch immer hinter den sieben Bergen liegt.
„Ich will Geschichte so darstellen, wie sie war, objektiv“
„Viele Leute aber auch die Geschichtsschreibung reduzieren die DDR auf Diktatur und Stasi, auf marode Wirtschaft und Umweltverschmutzung“, sagt er. „Ärgerlich. Ich will Geschichte so darstellen, wie sie war, objektiv. Ich weiß, das ist schwierig, ich will dazu beitragen.“
Die Mühlbeckerin Heidrun Meißner, seine Großmutter, Kirchenführerin und historisch sehr interessiert, freut sich und unterstützt ihn nach Kräften. Als neulich drei Kommilitonen aus München ihn hier besuchten, sagt er, da hätten sie ganz schön gestaunt. „Sie waren begeistert - von der Umgebung. Und von unserer Lebensart.“
Thema seiner Masterarbeit ist der Bitterfelder Kulturpalast. Der Bundeswehr-Student erforscht die Geschichte, für die der Kupa steht - freiwillige Aufbauleistung der CKB-Arbeiter, Ausgangspunkt des Bitterfelder Weges.
Vom Arbeitersinfonieorchester über Koch-, Mal-, Fotozirkel, das Arbeitertheater bis zum Filmkollektiv
Heimstatt und Nährboden der Laienzirkel: vom Arbeitersinfonieorchester über Koch-, Mal-, Fotozirkel, das Arbeitertheater bis zum Filmkollektiv, Schlagerchor und viel mehr. Dazu führt er auch Interviews mit Zeitzeugen.
„Jede Information ist wichtig, um aus Erinnerungen und Erkenntnissen ein objektives Bild formen zu können“, sagt er. „Bitterfeld war nicht nur Dreck und Rauch, sondern auch ein Zentrum des Volkskunstschaffens. Man denkt immer gleich an Erzgebirge, Lausitz oder so. Aber nein, hier spielte das Leben.“ (mz)
Wer Hinweise hat, kann sich melden unter Tel.: 03493/55685.