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Wieso der Adam aus Tirol doch noch zur Christel kam

29.09.2008, 20:05

BERNBURG/MZ/J. - Zuzuschreiben ist das nicht der Handlung oder den erheblichen Schwächen des Textes, sondern der Zellerschen Melodik, wie sie in den Arien "Schenkt man sich Rosen in Tirol" oder "Wie mein Ahndl zwanzig Jahr" zum Ausdruck kommt. Diese und noch andere Weisen gehören zum Melodienrepertoire des "Vogelhändlers".

Dazu gehört auch eine ausgezeichnete musikalische Gestaltung, mit der die einzelnen Auftritte und Finali geformt wurden. Im Libretto werden die Gegensätze zwischen den dörflichen Tölpeln und der Eleganz des Adels gezeichnet. Die Parodie der bestechlichen Professoren und die Verkommenheit des Baron Weps und seines Neffen sind kritische Elemente dieser Operette.

Die Inszenierung des Städtebundtheaters folgte im Wesentlichen dem Original und konnte eine starke stimmliche Besetzung aufweisen. So sangen sich Marie Friederike Schröder als Christel von der Post und Bettina Pierags in der Gestalt der Fürstin Marie in die Gunst des Publikums. Und Tobias Amadeus Schöner entsprach zwar nicht ganz dem Idealbild eines Adam, war jedoch stimmlich und schauspielerisch auf hohem Niveau.

Hervorragend wieder einmal Klaus-Uwe Rein als geldgieriger Baron Weps, der es immer wieder verstand, aktuelle Bezüge in seinen Text einzugliedern. So machte Weps beispielsweise die Feststellung, dass es Gemeinden mit vollen Kassen nur noch in der Operette gebe. Sein Neffe Stanislaus in der Person von Xiaotong Han neigte dazu, seine parodistische Rolle zu überziehen, wie auch die Szene der Prüfung des Adam, die durch beide Professoren bei aller Parodie überdreht wurde.

Besonderen Wert hatten die Nordharzer auf die Ausstattung mit Kostümen gelegt. Auch hatten sie eine größere Statisterie mitgebracht, so dass die ansonsten fast ausstattungsarme Bühne keinesfalls störend wirkte, sondern sich gut in das Gesamtbild des Geschehens einordnete. Warum aber der überdimensionale Kanarienvogel kopfunter von der Bühnendecke herabschwebte, blieb Geheimnis der Regie.

Martin Hannus hatte sein Orchester gut im Griff und fügte seine Musik nahtlos in das Geschehen des Ensembles auf der Bühne ein. Kurzum: "Der Vogelhändler" war eine Aufführung, die nicht durch die vorgegebene seichte Handlung, sondern durch die künstlerische Leistung von Akteuren und Musik gefiel.