Wahlkreis 21 Wahlkreis 21 : Desaster für die Etablierten - AfD holt Direktmandat
Bernburg - Die Wähler in Bernburg, Nienburg und Saale-Wipper haben sich entschieden: AfD-Kandidatin Sarah Sauermann soll in den nächsten fünf Jahren die Interessen der Region in der Landeshauptstadt vertreten. Die 27-Jährige aus Raguhn-Jeßnitz sicherte sich auf Anhieb das Direktmandat. Und das, obwohl sie dem einzigen öffentlichen Schlagabtausch der Bewerber beim DGB-Forum ferngeblieben war. Der erstmalige Einzug ins Parlament war der jungen Frau aber bereits vor dem Urnengang aufgrund der guten Prognosen für ihre Partei praktisch sicher - dank Rang vier auf der AfD-Landesliste.
Für die etablierten Parteien ist dieses Ergebnis ein Desaster, zumal sie es auch nicht an einer schwachen Wahlbeteiligung festmachen können. Denn diese war gestern ungewöhnlich hoch. Offenbar war der Unmut über den politischen Kurs in Sachsen-Anhalt und Deutschland in Teilen der Bevölkerung so groß, dass die AfD auch viele Menschen mobilisieren konnte, die sonst nicht zur Wahl gehen.
Ende nach zwei Legislaturperioden
Der favorisierte Jürgen Weigelt wird mit dem Ergebnis quasi in Rente geschickt, weil er nach eigenen Angaben auf eine zweite Chance durch einen vorderen Platz auf der CDU-Landesliste wegen seines fortgeschrittenen Alters verzichtet hatte. Zweimal, 2006 und 2011, hatte der 66-Jährige das Direktmandat in seinem Wahlkreis errungen, diesmal blieb ihm nur Rang zwei. Nicht einmal in seiner Heimatstadt selbst gelang es ihm, die Spitzenposition zu verteidigen. In Bernburg lag Sarah Sauermann mit 30,5 zu 27,9 Prozent vorn. Noch besser punktete die AfD-Frau in der Verbandsgemeinde Saale-Wipper. In Güsten (35,0), Plötzkau (37,8), Ilberstedt (34,8) und Alsleben (35,8) gewann sie jeweils mit deutlichem Vorsprung, auch das Rennen in Nienburg entschied sie mit 33,2 zu 28,4 Prozent für sich.
Im Gegensatz zu dem Christdemokraten wird die diesmal Drittplatzierte im Landtag bleiben. Die Linke-Landesvorsitzende Birke Bull zieht dank Platz zwei auf der Landesliste ihrer Partei wieder ins Parlament ein. Das Resultat selbst war eine Enttäuschung für sie. Nach 26,4 und 27,6 Prozent bei den vorangegangenen Stimmabgaben verfehlte die Hallenserin diesmal sogar die 20-Prozent-Marke.
Nicht in den Kampf ums Direktmandat eingreifen konnten Sozialdemokrat Hagen Neugebauer und die Liberale Katja Raab. Immerhin ein Achtungserfolg für beide war, dass sie mit ihren Prozentwerten die Landesergebnisse ihrer Parteien leicht übertrafen. Dies glückte Anton Spitz nicht. Der Grüne bekam die wenigsten Stimmen aller sechs angetretenen Kandidaten.
In Bernburg hatte sich die hohe Wahlbeteiligung schon frühzeitig angedeutet. Beispielsweise im Wahllokal Tolstoiallee hatte eine halbe Stunde vor Mittag bereits mehr als jeder Vierte seine Kreuze auf den Wahlzettel gesetzt. Um 14 Uhr lag die Beteiligung in ganz Bernburg nach Angaben von Stadtwahlleiter Klaus Hohl schon bei 34 Prozent, während bei der Landtagswahl 2011 bis zu diesem Zeitpunkt erst 25,5 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben hatten.
Wahlplakate abgenommen
In Bernburg mussten Wahlhelfer am frühen Sonntagmorgen noch etliche Wahlplakate abnehmen. Denn eine Parteienwerbung im direkten Umfeld der Lokale ist am Wahltag selbst nicht mehr zulässig. Lediglich zwei, drei Plakate blieben dennoch hängen. „Die waren so hoch, da kamen wir mit der Leiter nicht ran“, so Klaus Hohl, der insgesamt einen reibungslos verlaufenen Wahlsonntag konstatierte. Verhältnismäßig mehr Beobachter als sonst seien von Parteien zu den Auszählungen geschickt worden. Daraus lasse sich aber kein grundsätzliches Misstrauen der Bevölkerung ableiten, so der Stadtwahlleiter. Einer dieser Beobachter wollte laut Kreiswahlleiter Gerold Becher in Bernburg dem Wahlvorstand Vorschriften machen, letztlich sei diese Auseinandersetzung friedlich beigelegt worden. (mz)
Porträt:
Sarah Sauermann (AfD) ist 27 Jahre alt. Ihr Geburtsort ist Wolfen. Sie ist seit 2013 politisch aktiv, sitzt im Stadtrat ihres Wohnortes Raguhn-Jeßnitz und im Kreistag von Anhalt-Bitterfeld. In Bernburg hat sie ihr Hochschulstudium als Ingenieurin mit dem Schwerpunkt Architektur abgeschlossen. Durch ihre Studienzeit fühlt sie sich mit der Saalestadt verbunden. Sarah Sauermann zieht erstmals in den Landtag ein.
Birke Bull (Die Linke) ist 52 Jahre alt. Das Licht der Welt erblickte sie 1963 in Weißenfels. Sie trat in den 80er Jahren der SED bei, gehörte später deren Nachfolgepartei PDS an. Inzwischen ist sie Mitglied der Linken, deren Landesvorsitzende sie auch ist. Im Landtag ist die Erziehungswissenschaftlerin und Soziologin schon seit 1994 vertreten, angefangen hat sie dort als gleichstellungspolitische Sprecherin. Bis 2014 war sie Vorsitzende der Lebenshilfe in Sachsen-Anhalt. Birke Bull ist geschieden, hat einen Sohn und lebt in Halle. (mz)