"Andrang ist riesig" Tätowierer Rino Loch und Piercerin Melanie Mariola Grafik aus Bernburg dürfen wieder arbeiten: Corona-Zwangspause vorbei

Bernburg - „Ab 00.00 Uhr kann gestochen werden.“ Mit diesem Satz hat Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) nach einer Kabinettssitzung am vergangenen Dienstag in Magdeburg den Startschuss gegeben. Nach Kosmetikern dürfen in Sachsen-Anhalt seit Mittwoch nun auch wieder Solarien, Sonnenstudios, Piercing- und Tattoostudios öffnen. Auch in Bernburg freut das Inhaber und Kunden gleichermaßen, auch wenn die Krise ihre Spuren hinterlässt.
„Die Kunden haben wegen der Schließung alle abgekotzt“
Für den Tätowierer Rino Loch sei die Wiederöffnung „im Großen und Ganzen eine Rückkehr zur Normalität“. Der Inhaber des „Color & Design“ Tattoostudios an der Auguststraße in Bernburg kann sich jetzt auch während der Pandemie wieder um die Verschönerungswünsche seiner Kunden kümmern.
Diese stünden nämlich schon Schlange, nachdem auch für sie die Zeit ohne surrende Tätowiernadel eine entbehrungsreiche war: „Die Kunden haben wegen der Schließung alle abgekotzt“, sagt der Tätowierer. „Der Andrang ist riesig.“
Das sei auch gut für ihn, denn die Schließung habe den Bernburger vor eine harte Probe gestellt. „Das ganze Ersparte ist erstmal weg“, sagt er. Zwar habe er Soforthilfe beim Land beantragt, angekommen sei davon aber bis heute nichts.
Jetzt gehe es für ihn erst einmal darum, Kundentermine abzuarbeiten. Die mache er höchstens sechs Wochen im Voraus. Während der Schließung hätten sich schon zahlreiche Stammkunden angemeldet und auch Neukunden seien dazugekommen.
Vor allem im Frühjahr lassen sich viele Kunden ein Tatoo stechen
Was viele vielleicht nicht wissen: Auch für Tattoos gibt es eine saisonale Hochzeit. Gerade März bis Mai seien die Monate, in denen besonders viel gestochen werde, verrät Rino Loch.
Das habe vor allem zwei Gründe: Zum einen bekämen viele zu Weihnachten Gutscheine geschenkt, die sie nach Motivfindung und Terminvereinbarung jetzt gerne stechen lassen würden. Zum anderen müssen Tätowierungen, nachdem sie gestochen sind, auch abheilen.
Viele Kunden ließen sich deshalb bewusst vor dem Sommer stechen, damit die heiß geliebte Tätowierung später beim Strandurlaub auch vorzeigbar ist. „Das verschiebt sich jetzt natürlich alles“, so der Tätowierer, „Kleine Sachen verheilen noch, aber die größeren dauern länger.“
Wegen der Verordnungen muss Rino Loch bei der Arbeit eine Maske tragen
Doch nicht nur längere Wartezeiten nach dem Stechen zieht die Krise mit sich. Wegen der neuen Verordnungen muss Rino Loch bei der Arbeit jetzt eine Maske tragen. Weil er unter der Maske schlechter Luft bekomme, könne er sich auch schlechter konzentrieren.
Das zwinge den Tätowierer, jetzt öfter Pausen zu machen. „Normalerweise mache ich jede Stunde eine Pause“, sagt er, „Jetzt muss ich jede halbe Stunde eine machen.“ Eine weitere Einschränkung: Gesichtstattoos dürfen vorerst gar nicht mehr gestochen werden. Wegen des zu hohen Infektionsrisikos sind diese verboten.
Am Ärgerlichsten wird für viele Kunden aber vermutlich die Preissteigerung sein, die Rino Loch auf seine Tätowierungen aufgeschlagen hat. Der Grund dafür liege bei dem während der Pandemie deutlich teurer gewordenen Desinfektionsmittel.
„Vorher habe ich für zehn Liter 45 Euro bezahlt, jetzt sind es 70“, sagt er. Alte Preisabsprachen blieben natürlich bestehen, bei neuen Terminen müsse der Tätowierer die Mehrkosten aber auf die Kunden umlegen.
Preise für Desinfektionsmittel sind stark gestiegen
Einen entspannteren Blick auf die Krise hat die Bernburgerin Melanie Mariola Grafik. Die Inhaberin des Piercingstudios „Melanie“ hat noch nicht wieder geöffnet. Ganz nach der Redensart „Glück im Unglück“, hatte sie kurz vor dem Ausbruch der Pandemie ihren alten Standort an der Wilhelmstraße aufgegeben und ist mit ihrem Studio zu sich nach Hause in den Ahornweg gezogen. „Das war vom Bauchgefühl her das Richtige“, sagt sie.
Jetzt gehe es für sie darum, die Kunden an den neuen Standort und die neue Situation zu gewöhnen. Eingerichtet sei bereits alles vollständig, verrät sie. „Mein Studio ist komplett fertig, mit allem Drum und Dran.“
Auch die neuen Hygienevorschriften seien für die Piercerin mit 23 Jahren Berufserfahrung alles andere als neu. Sie müsse schon seit Jahren nachweisen, dass die Sterilisationstechnik in ihrem Laden ordentlich gewartet wird. „Was jetzt Corona ist, ist für mich schon lange Standard“, sagt sie. (mz)