Sternsinger in Bernburg Sternsinger in Bernburg: Gruppenfoto mit Kanzlerin

bernburg - Vier junge Katholiken der Bernburger Bonifatius-Gemeinde fiebern dem heutigen Tag besonders entgegen. Theresa Wlodarczyk (15 Jahre alt), Marvin Zawada (14), Fiona Brauer und Anna Zeiler (beide 11) zählen zu den auserwählten Sternsingern, die am Vormittag von Angela Merkel (CDU) empfangen werden. Die Bundeskanzlerin heißt bereits zum elften Mal kleine und große Könige in ihrem Berliner Regierungssitz willkommen und setzt damit eine Tradition fort, die im Jahr 1984 ihren Anfang nahm.
Erstmals wird beim Sternsinger-Empfang im Kanzleramt anlässlich des morgigen Dreikönigstages die Bernburger Bonifatius-Gemeinde vertreten sein, der in der Region rund 1800 Katholiken angehören. Dank Wissens und Losglücks. Denn die Teilnehmer - eine fünfköpfige Gruppe aus jeder der 27 deutschen Diözesen (Bistume) - waren bei einem Preisrätsel ermittelt worden. „In den Vorjahren hatten wir kein Losglück, doch wir haben niemals aufgegeben“, sagt Gemeindereferent Stefan Zeiler, der das Quartett gestern auf der Bahnreise in die Bundeshauptstadt begleitete. Theresa, Marvin, Fiona und Anna war noch ein zweites Mal Fortuna hold, als nämlich erneut das Los entscheiden musste, welche vier Kinder und Jugendlichen aus der Gemeinde die Kanzlerin hautnah erleben dürfen. Unter Aufsicht der Senioren in Nienburg zog Pfarrer Thomas Fichtner die Namen der glücklichen Gewinner.
Eine ,Trockenübung‘ am Vorabend
Was die in Nienburg, Ilberstedt und Magdeburg wohnenden Jugendlichen erwartet, ist bereits in groben Zügen bekannt: singen, lächeln fürs Gruppenfoto, die richtigen Wege laufen - das war’s auch schon. Für das Anschreiben des bekannten Segensspruches „Christus mansionem benedicat - Christus segne dieses Haus“ - sind andere Kinder auserkoren, ebenso für das Vortragen von Texten. „Die einzelnen Gruppen lernen sich am Vorabend zunächst kennen, dann gibt es eine Trockenübung, wo jeder laufen und auf dem Gruppenbild stehen muss“, weiß Stefan Zeiler. Wie es dann heute genau abläuft, „wird sicher spannend für uns alle“. Denn auch der Besuch im Kanzleramt an sich ist für alle Premiere. „Ich war mit meiner Klasse bisher nur im Bundestag“, sagt Theresa, die für den Berlin-Besuch den gestrigen Geburtstag der Mama sausen ließ. „Sie hat gesagt, das ist nicht so schlimm“, so die 15-Jährige. Wann wird einem denn auch nochmals solch eine Chance zuteil?
Seit ihrem Start im Jahr 1959 hat sich die Aktion Dreikönigssingen, getragen vom Kindermissionswerk „Die Sternsinger“ und dem Bund der Deutschen Katholischen Jugend, zur weltweit größten Solidaritätsaktion von Kindern für Kinder entwickelt. Rund 948 Millionen Euro wurden seither in der Bundesrepublik gesammelt, rund 68 600 Projekte und Hilfsprogramme für Kinder in Afrika, Lateinamerika, Asien, Ozeanien und Osteuropa unterstützt.
Im vergangenen Jahr hatten bundesweit die Mädchen und Jungen aus 10 515 Pfarrgemeinden, Schulen und Kindergärten mehr als 45,5 Millionen Euro gesammelt. Im Bistum Magdeburg kamen von allen 44 beteiligten Pfarreien gut 219.000 Euro zusammen. Mit den Mitteln werden weltweit Projekte in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Pastoral, Ernährung, soziale Integration und Rehabilitation sowie Nothilfe gefördert.
Im Mittelpunkt der aktuellen 58. Aktion steht das Thema „Respekt“. In Bolivien, dem diesjährigen Beispielland, ist Respektlosigkeit nach Angaben von Bistumssprecher Thomas Lazar ein alltägliches Problem. Obwohl die Angehörigen verschiedener indigener Volksgruppen in dem Andenstaat die Mehrheit der Bevölkerung stellen, seien Diskriminierung und Rassismus für sie beinahe an der Tagesordnung. In der Hoffnung auf bessere Lebensbedingungen, Bildungs- und Arbeitsperspektiven, ziehen immer mehr Familien vom Land in die Städte. Dort werden die Neuankömmlinge oft ausgegrenzt und diskriminiert. Viele schämen sich für ihre Herkunft, Kleidung und Sprache - um dazuzugehören, passen sie sich an. Die eigene Kultur und Traditionen gehen dabei oft verloren. Nicht selten zerbrechen darunter familiäre Strukturen: Viele Väter verlassen ihre Familien, niemand spricht die Amtssprache Spanisch, die Kinder gehen nicht zur Schule - Ausgrenzung, Armut und Perspektivlosigkeit sind die Folgen.
Weitere Informationen im Internet unter: www.sternsinger.de.
Drei Lieder zu erlernen
Die Sternsinger werden der Kanzlerin ein gemeinsames musikalisches Ständchen bringen. „Wir haben die drei Lieder ,Ganz egal’, ,Es ist Sternsingerzeit’ und ,Wir haben seinen Stern gesehen’ zugeschickt bekommen, um sie einstudieren zu können“, erklärt Stefan Zeiler. Denn die Titel müssen noch erlernt werden, weil das eigene Liedprogramm bei den Sternsinger-Sammlungen in Bernburg und Umgebung für gewöhnlich ein anderes sei. „Ich bin schon aufgeregt“, gab Marvin bei der ersten Liedprobe kurz vor Weihnachten zu. Am vergangenen Samstag feierte er mit Theresa, Fiona und Anna bei der Tour in der Region - als eine von zehn Gruppen, die auch noch am kommenden Donnerstag unterwegs sind - mit dem neuen Liedgut Generalprobe.
Wenn sich die Möglichkeit ergäbe, würde Fiona die Kanzlerin fragen, wie denn so ihr Alltag abläuft. „Und was uns alle interessiert, ist das Flüchtlingsthema“, ergänzt Stefan Zeiler. Er weiß aber auch, dass der Sternsinger-Empfang für solch ein Gespräch nicht der passende Rahmen wäre. (mz)