Schatz auf Dachboden verborgen
Bernburg/MZ. - Besonders wertvoll die Tafeln, die zu Jubiläums-Stiftungsfesten angefertigt wurden, die alle Mitglieder zeigen. Die Sammlung wurde nun in die Hände des Stadtarchivars übergeben.
Seit Anfang der 90er Jahre lagerte der Nachlass des Vereins, der sich Mitte der 80er Jahre auflöste, auf dem Dachboden der Familie. Es war auch das letzte Mal, dass Profts, beide früher Mitglieder im Verein, in den Sachen gekramt haben. "Es ist viel zu schade, dass diese Sachen irgendwo auf einem Dachboden liegen", so Ingrid Pulst. Die Kulturamtsleiterin der Stadt hat die Sammlung im Rahmen der 1200-Jahr-Feier Waldaus im September dieses Jahres aufgestöbert.
Auch Ernst Kunze, der genauso wie andere Chormitglieder zur Übergabe gekommen war, findet: "Es ist wichtig, dass es nicht in der Versenkung verschwindet." Daher will das Stadtarchiv den Nachlass künftig nicht nur in einer Ausstellung würdigen. Die Sachen sollen auch im Rahmen der Jubiläumsfeier der Öffentlichkeit präsentiert werden.
Der Waldauer Gesangsverein wurde 1877 gegründet, war 90 Jahre lang ein reiner Männerchor, ehe 1976 auch Frauen aufgenommen wurden. Geprobt wurde immer freitags, erst in einer Gaststätte, dann in einer Schule in der Seegasse.
Auftritte gab es natürlich auch: "Die Konzerte zu Pfingsten im Paradies waren legendär", weiß Frau Pulst. Daran erinnert sich freilich auch der langjährige Chorleiter Johannes Wengorz. Genauso wie an die Kontrolle durch den Staat: "Zu DDR-Zeiten wurde uns immer mehr vorgeschrieben, was wir zu singen haben." Da habe es ihm keinen Spaß mehr gemacht. Wengorz gab seine Chorleiter-Tätigkeit nach 24 Jahren auf. Sein Nachfolger verlegte die Gesangsstunden dann ins Metropol. Der Weg war vielen Waldauern zu weit. Bald kam fast keiner mehr zum Singen.
Der langjährige Chorleiter blätterte mit Brigitte Proft in den Notenheften und stimmte gleich das Lied "Lasst uns singen" an. Nichts ist verlernt. Es klingt stimmig, auch nach über 20 Jahren, in denen sie nicht zusammen gesungen haben. Dann fiel ihnen "Die Tage der Rosen" in die Hände. Das möchte der 78-jährige Wengorz gern zu seinem 80. Geburtstag singen. Gearbeitet hat er als Maler- und Lackierermeister, mit einem Musikstudium hat er aber die Grundlage für seine Chorleitertätigkeit gelegt.
"Es ist sicher das Wertvollste, was wir bisher über Waldau bekommen konnten", schätzt sich Ingrid Pulst glücklich. Sie hofft, dass sich noch weitere ehemalige Chormitglieder finden, die Material bereitstellen können.