Salzlandkreis Salzlandkreis: Zweifel an Bernburg als ein germanisches Walhall
BERNBURG/MZ. - Immerhin behauptet eine Expertengruppe aus Altphilologen, Mathematikhistorikern und Kartographen der Technischen Universität Berlin, dass eben dieses Luppia das heutige Bernburg ist. Dazu hat das Team antike Karten gewälzt, unter anderem eine, die der Römer Claudius Ptolemäus 150 nach Christus an Hand von Reiseberichten von Händlern und nach Karten der römischen Legionen zeichnete. Demnach wäre Bernburg einer der bedeutendsten Orte Germaniens gewesen, so die Berliner Fachleute, die ihre Forschungsergebnisse in dem Buch "Germania und die Insel Thule", erschienen bei der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft Darmstadt, veröffentlicht haben.
"Ich befasse mich seit mehreren Jahren mit den von Ptolemäus übermittelten Koordinaten für Germanien. Wie Sie auf meiner Internetseite www.bernsteinwege.de
ersehen können, bin ich schon vor diesen Wissenschaftlern zu der Erkenntnis gelangt, dass Waldgirmes das von Germanicus 15 nach Christus zerstörte Mattiacum ist. Zu den von Ptolemäus gelieferten Daten ergibt sich auf der Entfernung Mainz-Waldgirmes bereits ein Messfehler von etwa zehn Kilometern", lässt Jürgen Schindler aus Dessau Zweifel durchblicken und schreibt dann: "Wie groß ist dann der Messfehler erst bis Lupia? Vor allem, wenn man bedenkt, dass man für diesen Ort mitten in Germanien nicht den Ausgangspunkt der ptolemäischen Messung kennt. Dann könnte durchaus doch Aschersleben der Ort Lupia gewesen sein und nicht Waladala (Waldau) an der Saale."
Aber auch in Bernburg wird gezweifelt. Die Vorstellung, dass Bernburg dieses Luppia sein könnte, bezeichnet Joachim Grossert vom Verein für Anhaltische Landeskunde zumindest als "sehr interessant". Allerdings wäre es aus seiner Sicht wichtig, mehr über das Projekt der Berliner Wissenschaftler zu erfahren und schlägt vor, einen für einen Vortrag nach Bernburg zu holen.
Dass Bernburg wesentlich älter ist als es die urkundliche Erwähnung im Jahr 961 aussagt, liegt für Grossert auf der Hand. Für eine Datierung in die Zeit der Germanen brauchte man konkrete Funde aus dieser Zeit. Und wenn Luppia tatsächlich eine große germanische Siedlung im Bereich Bernburg war, dann "muss die Abfall ohne Ende produziert haben", meint Grossert. Deshalb ist es für ihn unverständlich, dass bei den jüngsten archäologischen Grabungen im Bernburger Schlosshof nur an der Oberfläche gekratzt wurde. "In Bernburg scheint niemand Interesse an der eigenen Geschichte zu haben", leitet er für sich daraus ab.
Ein Ansatz, der auch den früheren Bernburger Museumschef Jürgen Weigelt umtreibt. Im Landesamt für Archäologie liegen die Ergebnisse einer elektromagnetischen Untersuchung des Untergrundes des Schlosshofes vor, sagt er. "Man weiß, wo Funde zu erwarten sind. Deshalb ist es mir unverständlich, dass an diesen Stellen nicht gezielt gegraben wurde", so Weigelt.
Dass Bernburg wesentlich älter ist als 1050 Jahre, die im nächsten Jahr gefeiert werden sollen, liegt auch für Weigelt auf der Hand. "Eine frühere Besiedlung ist völlig unstrittig", sagt er. Das würden zahlreiche Funde beweisen. Indes sei aber vieles an der Geschichte Bernburgs noch völlig ungeklärt. "Wo stand die alte Burg, die 1138 zerstört worden ist", fragt Weigelt und ist sich sicher, dass sie zwar im Bereich des Schlossberges, aber nicht unbedingt im Bereich des heutigen Schlosses gestanden hat. So wurde bei Grabungen für Wasserleitungen schon eine Scherbe auf der karolingischen Zeit entdeckt. "Das würde das Alter Bernburgs in den Bereich der ersten urkundlichen Erwähnung Waldaus bringen", sagt Weigelt.
Allerdings zweifelt auch er an den Forschungsergebnissen der Berliner Experten. Wenn es bei Bernburg eine große, bedeutende germanische Siedlung gegeben haben soll, dass müsste das längst bekannt sein. Und warum sollte es ausgerechnet hier eine bedeutende Siedlung gegeben haben. "Das war noch vor der Völkerwanderung und auch ein für diese Zeit bedeutender Handelsweg ist hier unwahrscheinlich", sagt Weigelt. Im frühen Mittelalter änderte sich die Situation. Da war die Saale Grenzfluss zu den slawischen Gebieten und Bernburg von strategischer Bedeutung. Etwas positives kann Weigelt der Debatten jedoch abgewinnen: "Das fördert die Diskussion um die Bernburger Geschichte", ist er überzeugt.