Salzlandkreis Salzlandkreis: Das Mehl fürs Brot kommt aus eigener Mühle
CÖRMIGK/MZ. - Als Bäcker ist Christian Sauer ungewöhnliche Arbeitszeiten gewohnt. Das frühe Aufstehen gehört zu seinem Beruf. Dafür legt er sich im Laufe des Tages einmal aufs Ohr. Aber es gibt Tage, an denen der Bäcker der Cörmigker Mühle Lederbogen auch tagsüber nicht dazu kommt, ein Auge zuzudrücken. So, wie zum bundesweiten Mühlentag an Pfingsten, an dem sich die Cörmigker Mühle zum sechsten Mal beteiligte.
Hunderte Besucher pilgerten am Sonntag und Montag zur Cörmigker Mühle, um sich das Baudenkmal anzusehen und von den frischen Backwaren zu probieren. "Besonders der Speckkuchen ist gefragt", sagt Sauer und zeigt demonstrativ auf das leere Blech vor ihm. Seit Sonntagnacht um ein Uhr steht der Bäckermeister in der Backstube und auch in den kommenden Stunden ist an Schlaf nicht zu denken. "Ich werde wohl am Montagabend in eine Art Koma fallen", meint er mit einem Augenzwinkern. Doch diese Art von Stress nimmt er gern auf sich. "Das ist positiver Stress", versichert der Bäckermeister.
"Es wird jedes Jahr mehr", sagt sein Vater, Müllermeister Harald Sauer. "Und es freut uns, dass das Fest so gut angenommen wird." Harald Sauer führt die Besucher am Mühlentag durch die Mühle. Sie ist weiterhin in Betrieb, so wie Jahrhunderte zuvor. Seit dem 17. Jahrhundert gehört die Mühle nachweislich der Familie Lederbogen. Sauer, der in die Fußstapfen seines Schwiegervaters Albert Lederbogen getreten ist, erklärt den Besuchern, wie aus Korn Mehl wird. Das wird dann im gleichen Haus von Sohn Christian in der Backstube verarbeitet.
Der Bäcker vermutet, dass die Leute die Handarbeit schätzen und Wert auf Qualität legen. "Wir verwenden unser eigenes Mehl. Alles wird ohne Fertigbackmittel hergestellt", sagt Christian Sauer während er dabei ist, den Holzofen zu befeuern. Darin will er "Holzofenbrot" backen. "Dabei wird der Ofen mit Holz auf 320 Grad aufgeheizt und im Laufe des Backvorgangs mit Wasser 'ausgeschleudert'", erklärt Sauer. Also mit Wasser heruntergekühlt.
14 oder 15 Sorten Brot hat er im Angebot, darunter auch das äußerst beliebte "Frühlingsbrot" mit Möhren und frischen Kräutern. Eigentlich sei das nur ein "Aktionsbrot" im Frühling gewesen, aber aufgrund der großen Nachfrage der Kunden wird es weiter gebacken. "Bei uns ist immer Frühling", lacht Christian Sauer. Aber auch zahlreiche Torten und Blechkuchen sind im Angebot. Wer es herzhafter mag, kann sich Grillwürstchen oder Fischbrötchen schmecken lassen. Dazu gibt es frisches Bier vom Fass aus der Museumsbrauerei Wippra. Über 20 Stände sind im Mühlenhof und rund um die Mühle aufgebaut. Händler verkaufen Honig, Senf von der Senfmühle "Wriezen", Wein, Russisches Konfekt, Holzspielzeug, Korb- und Wollwaren. Und Schausteller sorgen mit einem Karussell und Entenfischen bei den kleinen Gästen für Kurzweil. Der Mühlentag ist in Cörmigk ein richtiges Mühlenfest geworden. Reinhold und Frieda Zoppelt aus Cörmigk bummeln an diesem Nachmittag über den bunten Bauernmarkt. Sie wohnen ganz in der Nähe. "Wir können von unserem Fenster auf die Mühle gucken", sagt Frieda Zoppelt. Beide schätzen die ungezwungene, familiäre Atmosphäre auf dem Mühlenfest. Frieda Zoppelt freut sich auch immer, wenn sie dabei alte Bekannte aus den Nachbardörfern zu einem Schwatz trifft. "Man kann den Aufwand, der hier betrieben wird, einfach nur loben", sagt ihr Mann Reinhold anerkennend.
Auch Renate Blümel aus Dessau kommt jedes Jahr zum Mühlenfest. Die Mühle kennt sie schon von früher, denn sie stammt aus Cörmigk. Sie genießt die Atmosphäre und die hausgemachten Backwaren. "Es zieht mich immer wieder in die Heimat", sagt die Seniorin.
Wie Franziska Sandt und ihre Kinder Meike (12) und Martin (10) aus Bernburg nutzen viele auswärtige Gäste auch das schöne Wetter für einen Ausflug mit dem Fahrrad. "Wir wollten ohnehin Radfahren und da bot sich ein Besuch der Mühle an", sagt Franziska Sandt, die davon aus der Zeitung erfahren hatte. Gleich mehrere Ziele steuern Sabrina Röthling und Matthias Stenzel aus Bernburg mit ihrer Tochter Finja an diesem Tag an: Sie wollen sich nicht nur die Mühle ansehen, sondern auch das Räuberfest in Lebendorf und das Fest zur 1025-Jahr-Feier in Wohlsdorf besuchen.