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Salzlandkreis Salzlandkreis: Ab ins Mittelalter

Von susanne schlaikier 05.06.2012, 17:17

bernburg/MZ. - Anne Kathrin Schröder steht am dampfenden Kochtopf. Sie fischt ein Stück Fleisch heraus, steckt es in den Mund und verbrennt sich fast die Zunge. "Lecker. Aber noch ziemlich heiß", bringt sie hinter vorgehaltener Hand hervor. Zusammen mit Nora Schwieger kocht sie einen Gemüseeintopf. Dazu gibt es Hirsebrei. Für den heutigen Gaumen ein eher ungewohntes Gericht, aber im Mittelalter ganz normal.

Das Leben im Mittelalter ist am Dienstag Thema eines Projekttages in der Sekundarschule Campus Technicus, und die Ernährung ein spannender Teil dieser Zeit. Gekocht werden die mittelalterlichen Speisen aber nicht wie einst über einer Feuerstelle mitten im Raum, sondern auf einem modernen Herd in der Küche.

Ansonsten ist aber am Dienstag nicht viel anders als zu früheren Zeiten. Nicht nur die Gerichte haben ihren Ursprung im Mittelalter, sondern auch das Kochgeschirr scheint noch aus Vorzeiten zu stammen. Zumindest ist es originalgetreu nachempfunden. Es gehe vor allem darum, dass Schüler und Lehrer kreativ sind und Spaß haben, sagt Lehrerin Helga Klose. "Wir wollen nicht authentisch, aber originell sein", betont sie. Sie sind zumindest dicht dran an dem Leben vor über 600 Jahren.

Die Schüler können Butter herstellen, Brot backen, Filzen, Töpfern, Perlenschmuck herstellen, Leder verarbeiten, Nähen - eben alles Tätigkeiten, die in jener Zeit noch selbst gemacht wurden. Und genau das schätzt Helga Klose an jener Zeit: "Weil damals noch alles manuell gemacht wurde." Der erklärte Mittelalter-Fan beschäftigt sich seit mehreren Jahren mit der Epoche, ist oft zu Gast auf Mittelalter-Märkten und -Rockfestivals. Sie mag das Flair auf diesen Märkten und die Menschen. "Da kann man einmal in eine andere Welt versinken", sagt sie.

Es erklärt sich von selbst, dass Helga Klose einen großen Anteil an diesem Projekttag hatte. Aber auch allen anderen Lehrern scheint es zu gefallen. Ebenso den Schülern. Nora Schwieger kann sich gut vorstellen, wie im Mittelalter zu leben. "Die Menschen damals haben so viele Sachen selber gemacht. Das finde ich toll", erklärt sie. Ganz anders sieht das Simon Zielinski. Der 13-Jährige möchte nicht mit den Menschen von damals tauschen: "Sie hatten so vieles nicht, was es heute gibt. Mir wäre das Leben zu schlicht", sagt er. Für einen Tag in das mittelalterliche Leben einzutauchen, sei aber okay. Am besten habe ihm das Kerzenziehen gefallen, erzählt er.

Andere Schüler stellen indes Wappen her. Mit Holz und Farbe gestalten alle siebten Klassen ihr eigenes. Von ganz schlicht bis reich verziert reichen die Muster. Franziska Döring hat das Wappen ihrer Klasse entworfen. Zu sehen ist darauf die "7 F", verziert mit schwarzen Ranken, auf weißem Grund. Zusätzlich hat sie eine Fratze gemalt und das Wort "Crazy" darauf geschrieben. Die Fratze und das Wort 'Crazy' stünden für ihre Klasse. "Weil wir eben alle ein bisschen verrückt sind", erklärt sie schmunzelnd. Eine Jury aus Schülern der fünften und sechsten Klassen sollen später den besten Entwurf prämieren. Doch selbst im Mittelalter wurde nicht nur gearbeitet. Und so dürfen die Schüler bei Tänzen und Live-Musik der Gruppe "Cultus Ferox" die angenehmen Seiten der damaligen Zeit kennen.

Zum Abschluss dürfen sie einem Theaterstück mit Liedern der Gruppe "Saltatio Mortis" in der Schlosskirche beiwohnen, in dem sich Till Eulenspiegel plötzlich im 16. Jahrhundert in Plötzkau wiederfindet und als Johann Tetzel Ablassbriefe verkauft. Als der Schwindel auffliegt, wird Eulenspiegel vertrieben.

Mit Freude beobachtet Schulleiterin Angret Zahradnik, mit wie viel Begeisterung die Schüler und auch Lehrer dabei sind. Für sie ist es mehr als ein Projekttag. Sie ist sich sicher, dass sich die Schüler auf diese Weise den Unterrichtsstoff viel eher merken als aus dem Lehrbuch und sie zusätzlich motiviert werden. "Dieser Tag wird ihnen in Erinnerung bleiben", glaubt sie. Zudem trügen solche Tage dazu bei, dass Schüler und Lehrer nach und nach zu einer großen Sekundarschule zusammenwachsen.