Abwehr von Wölfen? Plömnitz bei Bernburg: Esel sollen weidende Rinder vor Angriffen durch Wölfe schützen
Plömnitz - Der kräftige Wind bläst die Wolken zügig über die kleine Anhöhe. Am Horizont drehen sich im Sonnenlicht funkelnde Windräder um die Wette. Zwei Krähen, auf der Suche nach Beute, spannen die Flügel auf und lassen sich von der steifen Herbstbrise durch die Lüfte treiben.
Unter ihnen weidet auf zehn Hektar saftigem Grasland umgeben von frisch gepflügten Äckern eine Rinderherde. „Das ist Entspannung pur, wenn ich hier oben bin“, sagt Mirko Bader, der auch an diesem eher unwirtlichen Tag nach dem Rechten schaut.
Fleisch wird im Hofladen in Gerlebogk verkauft
Der 48-Jährige hält sich seit drei Jahren Dexter - die aus Irland stammende kleinste Rinderrasse Europas. Das schmackhafte Fleisch verkauft er in seinem Hofladen in Gerlebogk. Seit ein paar Wochen besitzt der Mann, der im benachbarten Plömnitz wohnt, auch drei Esel - die zwei jungen Stuten Lina und Eselina sowie den Wallach Gabor. Sie sollen einmal den Wachschutz für seine elf auf dem ehemaligen Salzsolefeld weidenden Rinder bilden und hungrige Wölfe in die Flucht schlagen.
„Nachdem ein Wolf Anfang des Jahres bei Aken mehrere Kälber gerissen hatte, habe ich angefangen, mir Gedanken zu machen“, erzählt der ehemalige Preußlitzer Bürgermeister, der für die CDU im Bernburger Stadtrat sitzt. Von einem Viehzüchter aus dem Harzvorland kaufte er zunächst zwei junge Stuten, später noch einen Wallach.
Positive Erfahrungen in der Schweiz und in den USA
Esel als Verteidiger gegen Isegrim? Was im ersten Moment skurril erscheint, ist gar nicht so abwegig. Laut Medienberichten sind mit dieser tierischen Schutztruppe unter anderem in der Schweiz und in den USA positive Erfahrungen gemacht worden.
Auch in Deutschland setzen immer mehr Schäfer auf die Langohren-Polizei. In Niedersachsen wird mit Geldern des Landesumweltministeriums sogar ein zweijähriges Testprojekt gefördert, bei dem Esel auf Elbdeichen grasende Schafherden schützen sollen. Mit ihrem ausgezeichneten Gehör und ihrem ausgeprägten Geruchssinn können sie Eindringlinge schnell erkennen.
„Esel stellen sich dem Feind”
Wissenschaftlich erwiesen ist, dass Esel eine instinktive Abneigung gegen alle hundeartigen Lebewesen besitzen. Was auch Mirko Bader mit eigenen Augen erlebt hat. „Anders als Rinder, die Fluchttiere sind, stellen sich Esel dem Feind. Auf unseren Familienhund haben sie sich mit beiden Vorderhufen gestürzt.“ Dabei sei der Appenzeller Sennenhund ein ganz lieber. „Ein Wolf ist für sie das selbe wie ein Hund.“
Wegen dieses Instinkts bedürfe es für die Langohren keines besonderen Trainings. Auch deshalb seien sie preiswerter als Hütehunde. „Diese benötigen viel Zeit zur Ausbildung“, sagt der 48-Jährige. Hinzu komme, dass Esel genügsame Kostgänger sind - und sich damit perfekt mit den Rindern, die das saftige Gras fressen, ergänzen. „Sie lieben karge Kost wie beispielsweise Disteln. Zu gutes Futter ist sogar schädlich, sie bekommen davon Magenprobleme und auch die Hufe wachsen dann zu stark“, weiß Mirko Bader.
Esel kontra Wolf - ist das nicht ein Kampf von David gegen Goliath? Mirko Bader ist sich bewusst, dass im Ernstfall seine Tiere nur bestehen können, wenn Isegrim nicht im Rudel angreift. „Ansonsten werden sie sich ausdauernd zur Wehr setzen“, ist er überzeugt. „Die Bezeichnung ,dummer Esel’ ist falsch, die Tiere sind nur sehr vorsichtig.“
Noch sind Rinder und Esel auf der Weide getrennt
Momentan sind Rinder und Esel auf Mirko Baders Weide noch durch einen Zaun voneinander getrennt. „Sie sollen sich erst einmal aneinander gewöhnen.“ Die Neugier ist indes auf beiden Seiten unübersehbar groß. „Die Esel fühlen sich schon zur Herde hingezogen und dazugehörig“, hat der Plömnitzer beobachtet. In wenigen Wochen will er den Zaun abbauen. Rechtzeitig zur erwarteten Geburt der Kälbchen am Jahresanfang soll das langohrige Trio seine Arbeit als Herdenschutz aufnehmen. (mz)