Pietätlos? Pietätlos?: Zu wenig Platz für Blumen auf Urnengräbern

Bernburg - Wie viel Platz sollte auf einem Urnengrab für Gestecke sein? Drei? Fünf? Oder zehn? Ronald Bockstiegel aus Weißenfels und seine Verwandten jedenfalls waren fassungslos, dass für ihre Gestecke nach einer Urnenbeisetzung in Bernburg auf dem Friedhof II offensichtlich nicht genug Platz war. In einer E-Mail an die MZ-Lokalredaktion äußert er sich entsetzt über das Vorgehen der Stadt, die nicht alle Gestecke auf dem Grab beließ. „Anteilnahme, Gedenken, Pietät und Trauer scheint auf diesem Friedhof nicht im Vordergrund zu stehen“, so Bockstiegel.
Was war passiert? Nach einem gemeinsamen Kaffeetrinken sei die Familie nochmal zum Grab gegangen, um sich anzuschauen, wie es hergerichtet ist. „Was wir dann vorfanden, kann man mit Worten kaum beschreiben“, so der Weißenfelser. Auf dem Urnengrab habe nur ein Gesteck gelegen. „Wo waren die anderen geblieben?“, fragten sich Ronald Bockstiegel und die Angehörigen. Er habe sie schließlich am Rand des Weges zur Friedhofsverwaltung, zirka 50 Meter entfernt vom Urnengrab, gefunden. Die Gestecke lieblos irgendwo am Wegesrand abzulegen, könne nicht im Interesse des Verstorbenen und seiner Angehörigen sein. Die Familie habe dann die Gestecke wieder an den zugedachten Ort gebracht und auch auf andere Grabstätten der Familie verteilt, so Ronald Bockstiegel weiter.
In der Bernburger Stadtverwaltung kann man die Aufregung nicht verstehen. Es handele sich im vorliegenden Fall um eine Beisetzung auf der Urnengemeinschaftsanlage für Paare, sagte Sprecher Wolfgang Knopf auf MZ-Nachfrage. „Bei dieser Gemeinschaftsanlage ist der einzelnen Stelle nur eine Fläche von rund 50x 50 Zentimetern zugeordnet. Die zwischen den Stellen vorhandenen Rasenflächen werden durch die Friedhofsverwaltung unterhalten und sind daher von Blumen, Gestecken und Ähnlichem freizuhalten.“ Die Hinterbliebenen hätten Platz, um zwei bis drei Gestecke niederzulegen. „Alle weiteren Gestecke werden auf der der einzelnen Grabanlage zugeordneten Ablagefläche abgelegt“, so Knopf weiter. Über dieses Vorgehen würden die Hinterbliebenen im Vorfeld auch unterrichtet, zudem bekämen sie Informationsblätter mit Details zur Urnengemeinschaftsanlage. Bis dato habe sich noch niemand über diese Vorgehensweise beschwert.
Für Ronald Bockstiegel bleibt sie dennoch unverständlich. Seiner Meinung nach sollte es „möglich sein, die Gestecke zwei bis drei Tage auf dem Grab zu belassen und diese dann zu beräumen“. Der Weißenfelser hofft, dass die Friedhofsverwaltung ihr Vorgehen in Zukunft noch einmal überdenkt. „Das sollte man dem Verstorbenen und dessen Angehörigen schuldig sein.“ (mz)