Obdachlosenheim Obdachlosenheim in Bernburg : Anfeindungen wegen Gebühren sind unbegründet

Bernburg - Obdachlose müssen für eine Übernachtung im Bernburger Sozialzentrum ab kommendem Jahr 2,50 Euro mehr bezahlen als bislang. Die Benutzungsgebühr steigt von 12 auf 14,50 Euro. Das hat der Stadtrat während seiner jüngsten Sitzung beschlossen.
Das Thema hatte im Vorfeld insbesondere auf der MZ-Facebookseite heftige Anfeindungen gegenüber den Verantwortungsträgern in der Stadt hervorgerufen.
Von „Abzocke“, „Schande“ oder „Frechheit“ war unter anderem die Rede. Ist das wirklich so? Wer zahlt dieses Geld tatsächlich an die Stadt?
Obdachlosenheim in Bernburg: Geld zahlt das Jobcenter
Auf MZ-Nachfrage äußerten sich Paul Koller und Margot Hajek-Hoffmann dazu. „Bei uns wird niemand vor der Tür abgewiesen“, stellte der Sozialdezernent klar. Wer um eine vorübergehende Unterkunft ersucht, weil er beispielsweise gerade aus der Haft oder dem Maßregelvollzug entlassen worden ist, werde zunächst untergebracht.
„Gleich am nächsten Tag hilft das Sozialamt den Obdachlosen dabei, die ihnen zustehenden staatlichen Leistungen zu beantragen, sofern sie noch kein Geld erhalten“, erklärte Paul Koller.
Die Kosten der Unterkunft überweist das Jobcenter des Salzlandkreises per Abtretungserklärung dann direkt auf ein Konto der Stadt, ergänzt die Sozialamtsleiterin.
„Was die Menschen zum Leben brauchen, bleibt ihnen erhalten“, verdeutlichte Margot Hajek-Hoffmann.
Obdachlosenheim in Bernburg: Durchschnittlich 15 Betten sind belegt
Von den 25 Betten im Obdachlosenheim an der Auguststraße sind durchschnittlich 15 belegt. Die Aufenthaltsdauer reicht laut Sozialamtschefin von ein paar Tagen bis zu mehreren Jahren. Zuletzt sei die Zahl der Dauergäste aber deutlich reduziert worden.
„Einige altgewordene Alkoholiker sind pflegebedürftig geworden und deshalb inzwischen in Pflegeheimen untergebracht“, nannte Margot Hajek-Hoffmann den Grund.
Obdachlosenheim in Bernburg: Nur eine vorübergehende Bleibe
Ohnehin ist die Obdachlosenunterkunft nur als vorübergehende Bleibe gedacht, sollen die Gäste doch möglichst zügig wieder ein eigenes Zuhause erhalten und ein selbstbestimmtes Leben führen.
„Morgens müssen sie deswegen ihr Zimmer verlassen, um sich an einen geregelten Tagesablauf zu gewöhnen“, sagte Paul Koller. Am Nachmittag dürfen die Bewohner zurückkehren. Das tägliche Essen haben sie sich selbst zu besorgen, dafür stehen Kühlschränke bereit.
Ein warmes Mittagessen für einen Euro ist bei der Suppenküche im Haus montags bis freitags erhältlich. Zwei fest angestellte Sozialarbeiter und ein Teilzeit-Hausmeister kümmern sich um das Obdachlosenheim und seine Bewohner.
Obdachlosenheim in Bernburg: Viele Ehrenamtliche helfen mit
Im Haus wirken aber noch ganz viele Ehrenamtliche. „Tafel, Möbellager, Kleiderkammer und Soziallotsen-Büro sind dort auch untergebracht“, sagte der Sozialdezernent, der der Überzeugung ist, dass die Stadt Bernburg fach- und sachgerecht mit ihren ärmsten Einwohnern umgeht.
Dass es auch anders laufen kann, zeige das Schicksal der Köthener Familie Ritter, die seit Jahren von „Stern TV“ begleitet wird.
„Natürlich lässt sich nicht jeder Mensch erfolgreich resozialisieren“, sieht Paul Koller gleichwohl die Schuld für dieses Dilemma nicht allein bei den Behörden in der Nachbarstadt.
Obdachlosenheim in Bernburg: Lob von den Kommunalpolitikern
Ausdrückliches Lob für Bernburgs Verwaltung gibt es aus der Politik. „Die Stadt leistet hier eine gute Arbeit“, sagte Stadträtin Christine Pfeifer (Die Linke). Und sie lässt sich das einiges kosten.
Allein in den vergangenen drei Jahren waren es über 550.000 Euro. Selbst mit der geringen Gebührenerhöhung ab 2018 werden die Kosten nur etwa zu einem Viertel gedeckt.
Für SPD-Stadtrat Hagen Neugebauer steht fest: „Die Stadt muss sich dieses Verlustgeschäft weiter leisten können“. Dass dieses Defizit nun, da sich Bernburg noch in der Konsolidierungsphase befindet, etwas geschmälert wird, ist für Finanzausschuss-Chef Stefan Ruland (CDU) nur legitim. (mz)