Neues Toilettenhäuschen Neues Toilettenhäuschen: Am Karlsplatz in Bernburg steht Deutschlands wohl schönste Bedürfnisanstalt

bernburg - Der Countdown läuft: Deutschlands wohl schönstes Toilettenhäuschen ist fertig. In wenigen Tagen können die Bernburger einen ersten Blick in den historisch nachempfundenen Neubau am Karlsplatz werfen - und natürlich auch die Notdurftanstalt erstmals nutzen.
„Wir gehen davon aus, Mitte nächster Woche zu eröffnen“, sagt Marco Hampel von der Bernburger Lebenshilfe. Das Unternehmen, das Menschen mit Handicap beschäftigt, betreibt bereits seit mehreren Jahren die öffentliche Notdurftanstalt und hat nun auch die Schlüssel von der Stadt Bernburg für das nagelneue Objekt überreicht bekommen, das vor allem optisch so ganz anders ist als herkömmliche Toilettenhäuschen in der Umgebung.
Idee von Ordnungsdezernent Holger Dittrich
Die Idee dazu hatte Bernburgs Ordnungsdezernent Holger Dittrich. Schon lange hatte er sich über den hässlichen und mit Graffiti beschmierten Betonklotz geärgert, der dort über mehrere Jahrzehnte und noch bis 2017 stand. „Wir hätten ihn sowieso energetisch sanieren müssen“, so Dittrich.
Darum wälzte er alte Akten in der Verwaltung und fand tatsächlich Bauzeichnungen von dem „kleinen Rathaus“, wie der einstige Bau aus dem späten 19. Jahrhundert von den Bernburger genannt wurde.
Bauarbeiten begannen im Jahr 2017
Wie damals sollten nun auch wieder verspielte Türmchen, runde Fensterbögen und Fachwerk die Hülle des Hauses zieren. Nach einer Umfrage unter den Bernburgern begann im vergangenen Jahr der Bau des wohl schönsten Toilettenhäuschen weit und breit.
Und dieses hält nicht nur außen, was es verspricht. „Auch im Inneren haben wir Wert auf einen historischen Hauch gelegt“, sagt Bernburgs Hochbauamtsleiter Rüdiger Ihl. So wurden im Foyer die damals so beliebten Fliesen im Schachbrettmuster verlegt.
Vier Damen-, zwei Herren- und ein WC für Behinderte
Ob es damals allerdings tatsächlich so in dem historischen Vorgängerbau so aussah, ist nicht mehr überliefert. „Leider kann sich auch keiner mehr daran erinnern“, sagt Ihl. Auf den 73 Quadratmetern innenliegender Nutzfläche finden die Nutzer künftig nicht nur vier Damentoiletten, sondern auch zwei Herrentoiletten und zwei Urinale. Aber auch ein Behinderten-WC, das Menschen mit Handicap sogar mit einem Euroschlüssel kostenlos und sogar außerhalb der regulären Öffnungszeiten nutzen können.
Denn vorerst werden die vier Mitarbeiter der Lebenshilfe künftig von montags bis freitags von 8 bis 18 Uhr die Toilettennutzer an dem Tresen in Empfang nehmen. Sorgen machen müssen sich die Besucher nicht, wegen des schicken Baus künftig für den Gang zur Toilette mehr bezahlen zu müssen als bisher. „Wir nehmen auch weiterhin 50 Cent pro Nutzung“, versichert Hampel.
Wickelraum mit Tisch und Waschbecken
Kostenlos bleibt unterdessen das Angebot für die jungen Mütter der Stadt. Sie können die Einrichtung nicht nur zum Wickeln ihrer Babys nutzen. In dem dafür extra eingerichteten Wickelraum mit Tisch und Waschbecken soll künftig auch eine Sitzgelegenheit stehen, in der die Mütter ihre Kinder in Ruhe stillen können. Erstmals bietet die Stadt Bernburg damit einen öffentlichen Rückzugsort für Mütter und deren Babys an - und das mitten in Bernburgs Zentrum.
Dass sich die Stadt Bernburg überhaupt dieses Gebäude leisten konnte, hängt aber genau mit diesem Umstand der zentralen Lage zusammen. Denn für die Aufwertung des Karlsplatzes wurden Fördermittel aus dem Topf „Soziale Stadt“ zugesagt. Zwei Drittel der 365.000 Euro wurden gefördert, den Rest musste die Stadt Bernburg aufbringen.
Kostenanstieg durch Baugrund, Dach und hohe Baupreise
Dass das Häuschen am Ende doch um einiges teurer wurde als gedacht, hat laut Hochbauamtsleiter Ihl gleich mehrere Gründe. Unter anderem ein schwieriger Baugrund, eine aufwendigere Dachkonstruktion und eine ungeplante Preissteigerung bei den Handwerksleistungen.
Dafür dürften die laufenden Kosten deutlich geringer ausfallen als bisher. Schließlich wurden eine moderne Deckenstrahlerheizung und ein extrem sparsames Belüftungssystem in das Haus eingebaut. (mz)

