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Bergbau Nach Protesten in Aderstedt bei Bernburg: Dekra-Spezialisten messen Abluft im Belüftungsschacht von Esco

Von Katharina Thormann 12.09.2018, 07:56
Ein Dekra-Sachverständiger nimmt am Wetterschacht in Aderstedt mehrere Proben, die anschließend untersucht werden.
Ein Dekra-Sachverständiger nimmt am Wetterschacht in Aderstedt mehrere Proben, die anschließend untersucht werden. Engelbert Pülicher

Aderstedt/Bernburg - Die Sonne scheint über dem Belüftungsschacht des Salzproduzenten Esco am Ortsausgang von Aderstedt. Bäume am Rand der angrenzenden Betonstraße schwingen gemächlich im lauen Spätsommerwind.

Ein Naturidyll? Nicht ganz. Ein leicht beißender, chemischer Geruch unter anderem nach Ammoniak liegt in der Luft. Er wird stärker, je näher man dem Eingang des so genannter Wetterschachts kommt.

Ammoniak liegt in der Luft

„Genau das ist der Geruch, aber manchmal ist er abends noch viel stärker“, sagt Karina Jahnel. Sie ist nur eine von knapp einem Dutzend Aderstedtern, die am Dienstagmittag der Einladung von Esco gefolgt sind, um dem beißenden Gestank im Dorf endlich auf die Schliche zu kommen.

Dafür hatte das Amt für Geologie und Bergwesen nun Mitarbeiter der unabhängigen Prüfstelle der Dekra mit Sitz in Stuttgart zu Esco bestellt. Zwei Tage lang werden die Experten Proben an den beiden rund 100 Jahre alten Belüftungsschächten nehmen, um zu erfahren, was tatsächlich aus dem rund 500 Meter langen und etwa 4,60 Meter breiten Stollen in den Himmel bei Aderstedt geblasen wird. Und einige Bewohner des Dorfes zwingt, von ihren Terrassen zu flüchten und Fenster und Türen zu verrammeln, weil der Gestank draußen nicht mehr auszuhalten ist.

Sprecher von K+S: Wir nehmen die Sache ernst

Die Hilferufe sind auch am Salzproduzenten Esco nicht spurlos vorübergegangen. Zumal sich die Beschwerden in den vergangenen Wochen sogar noch verstärkt haben. „Mit der Messung möchten wir zeigen, dass wir uns um das Thema bemühen und es auch ernst nehmen“, sagt Ulrich Göbel, Sprecher des Mutterkonzerns K+S, der die Aderstedter und die Presse zu dem Termin am Wetterschacht empfangen hatte und zugleich versprach: „Wir versuchen alles zu tun, um Ihnen die Geruchsbelästigung zu nehmen.“

Allerdings müsse erst klar sein, welche Stoffverbindungen den Gestank im Dorf verursachen. Ob es möglicherweise Schwermetalle oder deren Verbindungen sind? Das gilt es herauszufinden. Und zwar mit etlichen Koffern, mit denen die Experten der Dekra angerückt sind.

Laptops, Reagenzgläser und Sonden in Spezialkoffern

Darin Laptops, Reagenzgläser und Sonden, die in den Wetterschacht reichen, um die Abluft in die Messvorrichtungen zu saugen. „Es ist eine sorgfältige Analytik nötig“, begründet Esco-Sprecher Göbel, warum erst im Spätherbst die ersten Ergebnisse zu erwarten sind.

Denn die Proben in den Gefäßen werden anschließend in den Laboren in Halle beziehungsweise Stuttgart untersucht. Die Angst, dass die Ergebnisse möglicherweise verfälscht sein könnten, weil Esco den genauen Prüftermin wusste, will Pressesprecher Göbel nicht so einfach stehen lassen: „Die Belüftung läuft kontinuierlich. Wir können die Luft nicht einfach so zwischenspeichern.“

Hauptbelüftung für Salzabbau und Abfall-Bereich unter Tage

Schließlich sei das die Hauptbelüftung sowohl für den Bereich, in dem das Salz abgebaut wird, als auch für den abgetrennten Bereich, in dem die alten Hohlräume mit anorganischem Abfall wie Resten von Asphalt und kontaminierten Böden, beispielsweise aus Altlasten, oder industriellen Schlämmen verfüllt werden.

Die Angst, dass der Geruch gesundheitsschädlich sein könnte, weist Göbel ebenfalls zurück. Schließlich werde anders als in anderen Bergwerken, in denen auch Hohlräume mit Industrieabfällen verfüllt werden, in diesem Fall sogar doppelt kontrolliert.

Aurec prüft Abfälle an der Oberfläche, Esco unter Tage

Während die Firma Aurec die Abfälle an der Oberfläche auf Grenzwerte überprüft, ist Esco selbst für die Verfüllung unter Tage verantwortlich und überprüft ein zweites Mal bei der Annahme.

Das beruhigt auch Aderstedts Ortsbürgermeister Mike Franzelius (parteilos): „Der erste Schritt ist nun passiert. Jetzt ist es für mich noch wichtig, dass der Geruch nicht mehr stört.“

Das hofft auch Steffen Ellert. Auch wenn bisher noch keine Messergebnisse vorliegen, sind er und die übrigen anwesenden Aderstedter zumindest etwas beruhigt nach den Gesprächen mit den Vertretern von Esco. „Es ist sehr schön, dass Esco die Kommunikation mit uns aufgenommen hat. Immerhin liegt das letzte Gespräch fast ein Jahr zurück.“

Für ihn und alle anderen Betroffenen sei die Zusammenarbeit wichtig. Denn nur so kann man eine gemeinsame Lösung des Problems finden, damit man künftig wieder ungestört in Aderstedt leben kann. (mz)

Einer der beiden Wetterschächte in Aderstedt.
Einer der beiden Wetterschächte in Aderstedt.
Engelbert Pülicher