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Mieterverein stellt fest Mieterverein Bernburg/Staßfurt kritisiert: Jeder zweite Nebenkostenabrechnung im Salzlandkreis hat Fehler

Von Torsten Adam 05.03.2018, 10:50
Landesvorsitzende Ellen Schultz (links) zeichnet die langjährige Kassenprüferin Erika Kehl vom Mieterbund Bernburg/Staßfurt mit der Ehrennadel des Mieterbundes in Silber aus.
Landesvorsitzende Ellen Schultz (links) zeichnet die langjährige Kassenprüferin Erika Kehl vom Mieterbund Bernburg/Staßfurt mit der Ehrennadel des Mieterbundes in Silber aus. torsten adam

Bernburg - Die Nettomonatskaltmieten in der Region sind im vergangenen Jahr weiter leicht gestiegen. Das hat Peter Kaufmann, Vorsitzender des Mietervereins Bernburg/Staßfurt, bei der Mitgliederversammlung am Samstag bilanziert. Nach seinen Angaben werden mittlerweile im Durchschnitt 4,85 Euro je Quadratmeter verlangt - 20 Cent mehr als vor Jahresfrist.

Gleich geblieben sei indes die Spanne, die bei ungewöhnlichen 1,09 Euro beginnt und bei 8,50 Euro endet. Der Höchstwert wird von der Wohnungsgenossenschaft Bernburg im Neubaugebiet „Kiez am Südbogen“ erhoben. Dass sämtliche Quartiere dort dennoch ruckzuck vermietet waren, ist offenbar Ausdruck einer gewissen Wohnungsnot in der Kreisstadt.

Zahlreiche Mieter sind auf Hilfe des Staats angewiesen

„Im Vereinsgebiet gibt es immer noch Leerstand. Aber es erscheinen in unseren Beratungen auch immer mehr Mitglieder, die Wohnungen suchen. Vor allem junge Berufstätige und junge Ehepaare“, konstatiert Kaufmann. Es seien offensichtlich keine für sie brauchbaren Quartiere frei. Auch an altengerechtem Wohnraum mangele es noch - trotz aller bisheriger Bemühungen der örtlichen Großvermieter.

Zunehmend ist laut Vereinschefs die Zahl der Mieter, die auf staatliche Unterstützungen angewiesen sind. So schicke das Jobcenter immer öfter seine „Kunden“ mit Mietrechtsproblemen und Nebenkostenabrechnungen zur Beratung des Vereins. „Wir finden das gut. Es weist aber auch auf die komplizierte Situation dieser Bevölkerungsgruppe hin.“

547 Mitglieder des Mietervereins ließen sich 2017 beraten

Überhaupt, die Nebenkosten: Deren Abrechnungen waren auch im Vorjahr Schwerpunkt der 1.250 Beratungsgespräche. Diese dauern deutlich länger als früher, weil die 547 Mitglieder, die diese in Anspruch nahmen, oft mit mehreren angestauten Problemen vorstellig wurden.

„Die Betriebs- und Heizkostenabrechnungen werden immer undurchschaubarer für die Mieter, was aber nicht heißen muss, dass sie fehlerhaft sind“, sagt der Mietervereinschef. Eine Vielzahl von Abrechnungssystemen erfordere von den Beratern des Vereins ständige Qualifizierung. Nach wie vor sei etwa die Hälfte der vorgelegten Schreiben fehlerhaft gewesen.

Reparaturen und Verwaltungskosten landen immer wieder in den Abrechnungen

„Es gibt immer wieder Versuche, Reparaturen, Verwaltungskosten und unberechtigte Mietforderungen in den Abrechnungen zu verstecken“, weiß Kaufmann. Dank der Einwände des Mietervereins musste der Betrag in einem Fall sogar um 1.040 Euro korrigiert werden. In anderen Fällen mussten ausstehende Abrechnungen für 2014 und 2015 nachgefordert werden - eine Familie erhielt so 900 Euro zurück.

Viele neue Mitglieder würden häufig zu spät Rat suchen - wenn der Mietvertrag bereits unterschrieben ist. „Ein immer häufigerer Trick, auf den Mieter bei Neuverträgen hereinfallen, sind zu niedrig veranschlagte Nebenkostenvorauszahlungen“, berichtet Kaufmann.

Nach der ersten Jahresabrechnung komme das böse Erwachen, wenn berechtigt hohe Nachzahlungen anstünden. „Ein Blick von uns auf den Vertrag vor der Unterschrift hätte genügt und wir hätten auf das drohende Problem aufmerksam gemacht.“ Auch bei Mieterhöhungen sei es ratsam, nicht sofort zuzustimmen, sondern das Schreiben dem Verein vorzulegen.

Vereins setzt auf Lösung des Konflikts statt auf Streit mit Vermieter

Dessen erfolgreiche Strategie sei, nicht den Streit mit dem Vermieter zu suchen, sondern auf Konfliktlösungen zu setzen. Landete ein Zwist doch mal vor Gericht, so verlor auch im Vorjahr kein Mitglied einen Prozess, sagt der Vorsitzende.

Weil der Verein mittlerweile alle Sparpotenziale ausgeschöpft hat, wird sich der Jahresbeitrag ab 1. April für Neumitglieder auf 78 Euro belaufen, der damit aber immer noch unter dem Bundesdurchschnitt liegt. Die 950 bisherigen Mitglieder zahlen weiter 66 Euro.

Vorstand des Mietervereins verzichtet auf Honorare

Der enormen ehrenamtlichen Arbeit - unter anderem verzichtet der Vorstand komplett auf Honorare - zollte Lukas Siebenkotten, Bundesdirektor des Deutschen Mieterbundes, seinen Respekt: „Ich habe selten von einem anderen Verein gehört, der seine Büros selbst reinigt, um Kosten zu sparen.“

Der Mieterverein ist montags bis freitags über seine Geschäftsstelle in Bernburg, Kustrenaer Straße 65, Telefon 03471/31 40 81, zu erreichen. (mz)

Wohnungsschlüssel liegen auf einem ausgefüllten Mietvertrag.
Wohnungsschlüssel liegen auf einem ausgefüllten Mietvertrag.
dpa