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Lila Dampf aus Schornstein des Heizkraftwerks Lila Dampf aus Schornstein des Heizkraftwerks: Giftwolke über Bernburg

Von Katharina Thormann 19.07.2017, 20:09
Eine lila Jodwolke stieg in den Himmel über Bernburg.
Eine lila Jodwolke stieg in den Himmel über Bernburg. Max Larisch

Bernburg - Da mussten Autofahrer, Passanten und Anwohner zweimal hinschauen. Plötzlich stieg am Dienstagabend gegen 20 Uhr lilafarbener Dampf über den Osten der Stadt Bernburg auf. Die Rauchfahne quoll aus einem der Schornsteine des Ersatzbrennstoff-Heizkraftwerkes an der Köthenschen Straße, das von der Firma Tönsmeier und der Solvay GmbH betrieben wird. Schnell machten die ersten Fotos auf dem sozialen Netzwerk Facebook die Runde. Inklusive Befürchtungen einer möglichen Gesundheitsgefahr.

Lilafarbener Dampf über Bernburg: Keine Anrufe bei Polizei und Feuerwehr

Besorgte Anrufe bei Polizei und Leitstelle der Feuerwehr blieben auf Nachfrage der MZ allerdings aus. Dafür verdichteten sich immer mehr die Annahmen, dass in der Müllverbrennungsanlage verbranntes Jod die Ursache für den verfärbten Himmel sein könnte. Denn beim Erhitzen entstehen violettfarbene Dämpfe.

Boris Ziegler, Pressesprecher der Tönsmeier-Gruppe, bestätigt diesen Verdacht: „Zu der Zeit, als die Wolke aufstieg, wurden nicht infektiöse Krankenhausabfälle mit Jod-Anteil verbrannt.“ Das hätten eigene Recherchen ergeben, nachdem auch die Mitarbeiter des Heizkraftwerkes die Wolke haben aufstehen sehen. Bedrohlich ist sie laut Ziegler jedoch nicht gewesen: „Es bestand zu keiner Zeit eine Gefahr für Menschen, Tiere und Umwelt.“

Emissionsüberwachung erfasst keine Werte für Jod

Die Emissionsüberwachungsanlage, die am Schornstein angebracht ist, habe keine Auffälligkeiten angezeigt, was gefährliche Schadstoffe betrifft. Allerdings muss er auf MZ-Nachfrage einräumen, dass Werte für Jod gar nicht erfasst werden. Die EU hat einen Grenzwert festgelegt, ab dem das Einatmen der giftigen Jod-Dämpfen für Menschen gesundheitsgefährdend ist. Er liegt bei 0,07 Milligramm Jod je Kubikmeter Luft. Unklar bleibt, welche Konzentration die lila Wolke enthielt.

Mehrere Internetseiten und Sicherheitsdatenblätter weisen daraufhin, dass Jod von der EU als Gefahrstoff klassifiziert und dessen Freisetzung in die Umwelt zu vermeiden ist. Das Landesverwaltungsamt, das überwachende Organ, konnte auf Nachfrage noch keine Angaben zu dem Vorfall machen.

Erstmals überhaupt in der Geschichte des Heizkraftwerkes nach der Inbetriebnahme vor sieben Jahren wurde solch eine lila Wolke beobachtet, heißt es seitens des Pressesprechers. Dafür sind aber schon ähnliche Fälle andernorts in Deutschland aufgetreten. So stieg vor rund zwei Jahren solch eine Wolke auch aus einer Müllverbrennungsanlage im bayrischen Ingolstadt auf. Wie der Donaukurier damals berichtete, wurde in der Anlage Verpackungsmüll aus einem pharmazeutischen Betrieb verbrannt. (mz)