Berufe, Demokratie, Geld Kinderstadt Bärenhausen in Bernburg endet nach einer Woche: So funktionieren Arbeit und Demokratie
Bernburg - Eigentlich möchte Yasmin ja Friseurin werden. Anderen Leute die Haare schön machen, das findet die Siebenjährige spannend.
„Aber die Stellen waren immer schon weg“, erzählt das Mädchen mit den dicken braunen Haaren. Stattdessen hat sie sich nach Alternativen umgesehen – und es mit Design versucht.
Das Kreative liegt der jungen Bernburgerin offenbar. Und obwohl ihr Traumberuf heiß begehrt war und für sie damit kein Platz frei war, hatte sie in den vergangenen Tagen „viel Spaß“ in der Kinderstadt Bärenhausen auf dem Gelände der Stiftung Evangelische Jugendhilfe St. Johannis, die am Donnerstag wieder ihre Pforten geschlossen hat.
Wie Yasmin konnten mehr als 2.000 Kinder aus dem ganzen Salzlandkreis eine Woche lang in die Welt der Erwachsenen hineinschnuppern und lernen, wie Demokratie funktioniert.
Insgesamt rund 50 verschiedene Berufe konnten die Kinder zwischen sieben und 14 Jahren ausprobieren und sich ihr eigenes Geld, die „Tatzen“ verdienen.
Lenny (10) war mit einer Arzttasche in Bärenhausen unterwegs
Besonders „cool“ fand Lenny die Arbeit beim DRK, das mit einem eigenen Stand vertreten war. Dem Zehnjährigen hat es gefallen, mit einer Arzttasche über das Gelände zu laufen - und bei Bedarf Verletzte zu versorgen.
Denn einer seiner Berufswünsche für später - neben Fußballprofi und Pilot - ist tatsächlich Rettungswagenfahrer. Aber natürlich nutzte Lenny auch gleich die Gelegenheit, sich noch in anderen Bereichen auszutesten, wie etwa in der Metall-Werkstatt.
Dominik Heerwagen von Novelis Nachterstedt leitete Kinder in der Metallwerkstatt an
Unter fachkundiger Anleitung von Dominik Heerwagen, Mechatroniker im 1. Lehrjahr beim Aluminiumverarbeiter Novelis in Nachterstedt lötete der Zehnjährige ein Strichmännchen aus Metall.
Tristan war das nicht ganz geheuer. Der Siebenjährige wollte stattdessen lieber Metall biegen - auch das war hier möglich. Und auch wenn es der letzte Tag in der Kinderstadt war; Alle Kinder waren genauso engagiert dabei wie in den Tagen zuvor.
Tommy Haft war in diesem Jahr der Bürgermeister der Kinderstadt Bärenhausen
Davon hat sich auch Tommy Haft nicht ausgenommen, der in diesem Jahr das Bürgermeister-Amt innehatte. Er ist seit Jahren Stammgast in der Kinderstadt und findet es „eine ganz tolle Sache“.
Erfahrung in der Verwaltung konnte der 13-Jährige bereits im vergangenen Jahr als Stellvertreter von seinem Amtsvorgänger Fabius Renger sammeln. „Dieses Mal wollte ich unbedingt selbst Bürgermeister werden. Das ist schon was“, sagt Tommy Haft. Man trage nicht nur Verantwortung, sondern könne auch Entscheidungen fällen, nennt er den Reiz des Postens.
Kein Scherz: Am Mittwoch wurden die Steuergelder aus dem Rathaus gestohlen
Es sei eine tolle Zeit gewesen, blickt der Junge auf die Woche zurück – auch wenn es einen unschönen Vorfall gegeben hat. „Die Steuergelder sind am Mittwoch aus dem Rathaus gestohlen worden“, erzählt Tommy.
Man habe die Schuldigen zwar gefunden, ein fader Beigeschmack bleibe dennoch. Nichtsdestotrotz könnte die Kinderstadt seiner Meinung nach „ruhig noch eine Woche länger gehen“.
Eine seiner wichtigsten Aufgaben zum Abschluss war die Moderation der Versteigerung, bei der die Kinder ihre wohl verdienten Tatzen ausgeben konnten.
Sprecher der Stiftung St. Johannes: Wir haben wieder viele Mädchen und Jungen mit der Kinderstadt erreicht
Zufrieden blickt auch Karsten Noack, Pressesprecher der Stiftung und Mitorganisator, auf die zwölfte Kinderstadt in Bernburg zurück. Es sei in der Region die einzige, die mit einer solchen Regelmäßigkeit stattfindet. Mit Freude hat er täglich die langen Schlangen vor dem Arbeitsamt beobachtet.
Man habe wieder sehr viele Mädchen und Jungen erreicht, freut sich Noack. „Und die erzählen zu Hause beeindruckt von ihren Erlebnissen“, weiß er aus Gesprächen mit Eltern und Betreuern.
Das sei aber auch nicht verwunderlich, schließlich „ist es überwältigend, plötzlich erwachsen zu sein“. Auf jeden Fall hat er in den vergangenen Tagen wieder viel Potenzial erkannt und hofft, dass die heutigen Teilnehmer von Bärenhausen später der Region als Arbeitskräfte erhalten bleiben.
Auch die Helfer seien wieder mit großem Engagement dabei gewesen, ebenso die Mitglieder des Bernburger Jugendbeirates. Dennoch ist auch aus seiner Sicht nicht alles optimal gelaufen, wie besagter Diebstahl, der bisher einmalig war. „Auch wir lernen immer dazu“, sagt Noack selbstkritisch. (mz)