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In Zeiten von Corona In Zeiten von Corona: Das Problem mit der Nähe

Von Felix Filke 26.03.2020, 08:56
Nur mit Mundschutz: Wenn Thomas Helling Messungen an den Augen seiner Kunden vornimmt, muss er ihnen ganz schön nah kommen.
Nur mit Mundschutz: Wenn Thomas Helling Messungen an den Augen seiner Kunden vornimmt, muss er ihnen ganz schön nah kommen. Engelbert Pülicher

Bernburg - Thomas Helling begrüßt seine Kunden in einem Outfit, wie man es sonst nur von Ärzten aus dem Operationssaal kennt: Mundschutz im Gesicht, Handschuhe über den Fingern. Nur der Kittel und die Haube für die Haare fehlen.

Der Augenoptikermeister, der seit 1994 das gleichnamige Geschäft an der Wilhelmstraße führt, will in Sachen Virusschutz auf Nummer sicher gehen. Denn: „Den Mindestabstand können wir nicht einhalten, wir müssen nah ran an den Kunden.“

„Etwa die Hälfte der deutschen Bevölkerung ist fehlsichtig.“

Optiker gehören zu den wenigen Geschäften, die derzeit überhaupt noch offen haben. Warum, erklärt Lars Wandke vom Zentralverband der Augenoptiker und Optometristen (ZVA) so: „Etwa die Hälfte der deutschen Bevölkerung ist fehlsichtig.“

Darunter seien nicht nur wichtige Berufsgruppen, die auf jeden Fall gut gucken müssen wie beispielsweise Ärzte, sondern auch alle anderen Menschen, die Sehhilfen brauchen, um sich zum Beispiel gerade jetzt über die aktuellen Vorgänge zu informieren - in Zeitung, Fernsehen oder Internet. Und wenn die Brille kaputt ist, etwa weil man sich aus Versehen draufgesetzt hat, müsse eben schnell geholfen werden. Brillen gelten nämlich als Medizinprodukt. Und Optiker hätten damit sehr wohl einen „systemrelevanten Auftrag“, wie es heißt.

Beratung zum passenden Brillenmodell findet ganz normal statt

Diesem Auftrag kommt auch Thomas Helling nach. Auch wenn er sein Angebotsspektrum deutlich heruntergefahren hat. So passt er keine Kontaktlinsen mehr an, auch die Nachkontrollen sind gestrichen. „Da müssen wir ja ohne Handschuhe direkt ans Auge ran.“ Auch Hausbesuche macht er momentan nicht mehr. Ansonsten findet aber die Beratung zum passenden Brillenmodell ganz normal statt. Und wichtige Reparaturen sowieso.

„Wenn die Kunden es wollen, kriegen sie von mir auch einen Mundschutz gestellt“, sagt der Optikermeister. Auch Desinfektionsmittel habe er noch reichlich, um nicht nur seine Instrumente, sondern auch nach jedem Kundenbesuch, die Türklinke abzuwischen. Wobei es allzu viele Kunden nicht mehr sind.

Kundenzahl ist deutlich zurückgegangen

Während normalerweise zwischen 20 und 30 Kundentermine pro Woche anstehen, seien es jetzt noch drei bis vier. Tendenz fallend. Die Öffnungszeiten hat Helling deswegen schon reduziert: 9 bi 17 statt 9 bis 18 Uhr. Wie lange das noch so weitergehen kann? Er weiß es nicht. Etwa ein halbes Jahr würde er dank einiger Rücklagen gut überstehen, sagt er. „Danach wird es kritisch.“

Die Optiker-Kette Fielmann hat ihren Filialbetrieb schon seit einigen Tagen eingestellt. Kunden werden nur noch in Notfällen und zu eingeschränkten Öffnungszeiten bedient. Die Eingangstür der Filiale an der Bernburger Lindenstraße ist geschlossen, wer etwas möchte muss klopfen.

Die Apollo-Filiale gegenüber hat noch geöffnet, es gelten aber gewisse Verhaltensregeln. So solle man beispielsweise erst mit den Mitarbeitern reden – wer Krankheitssymptome zeigt, bleibt draußen.

Es sei schwierig, allgemeine Empfehlungen für den Kundenkontakt auszusprechen, sagt Lars Wandke vom ZVA. Zu unterschiedlich seien die räumlichen Gegebenheiten in den etwa 12.000 Optikergeschäften in Deutschland.

Was man aber immer beachten könne: nur Notfälle wie Reparaturen annehmen, neben den Kunden und nicht frontal vor ihn stellen, sie möglichst einzeln ins Geschäft holen, nicht reden, während man in der Nähe des Kunden hantiert, ihn selbst die Brille an- und absetzen lassen, ständig alles desinfizieren.

Aber was nützt all das, wenn gar keine Kunden kommen? Etwa zehn waren es am Dienstag in der Delta-Optik-Filiale von Peter Krätschmann. „Davon haben aber nur zwei was gekauft.“ Wobei er sich noch relativ entspannt zeigt: in diesem Beruf gehe es nun mal um Kundennähe. Und mit Kurzarbeitergeld käme er noch gut bis Ende des Jahres hin.

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Informationen zur Corona-Krise gibt es auch hier:

https://warnung.bund.de/meldung/_/DE-NW-BN-SE030-20200320-30-001?fbclid=IwAR3XNhDatVJWrxTg_5bEfB9PlyYBtTfVJ5vFCsrRksvAVFbC7mo4hvkD2Q8

https://www.infektionsschutz.de/coronavirus-sars-cov-2.html

https://www.mz.de/leben/corona-virus-diese-10-dinge-solltest-du-jetzt-besonders-grundlich-reinigen-3148786

https://www.rki.de/DE/Home/homepage_node.html

https://www.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/bda7594740fd40299423467b48e9ecf6

https://www.ndr.de/nachrichten/info/Coronavirus-Virologe-Drosten-im-NDR-Info-Podcast,podcastcoronavirus100.html 

Bereitschaftsdienst

https://www.mz.de/lokal/bernburg/bereitschaftsdienste-und-corona-bernburg-apotheke-arzt-notdienst-zahnarzt-kinderarzt-verwaltung-1654748  mz)

Das Fielmann-Geschäft ist nur noch für Notfälle wie Reparaturen geöffnet.
Das Fielmann-Geschäft ist nur noch für Notfälle wie Reparaturen geöffnet.
Pülicher