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Gratis-Strom für E-Autos Gratis-Strom für E-Autos in Bernburg: Säulen schießen wie Pilze aus dem Boden

Von Franz Ruch 21.08.2019, 11:56
Stadtwerke-Mitarbeiter Bernd Immervoll tankt ein E-Auto an der Ladesäule am Rheineplatz. Hier ist der Strom zwar kostenlos, aber für den Stellplatz ist laut Stadtverwaltung eine Parkgebühr fällig.
Stadtwerke-Mitarbeiter Bernd Immervoll tankt ein E-Auto an der Ladesäule am Rheineplatz. Hier ist der Strom zwar kostenlos, aber für den Stellplatz ist laut Stadtverwaltung eine Parkgebühr fällig. Engelbert Pülicher

Bernburg - Der eine oder andere Passant in Bernburg möge meinen, sie schießen wie Pilze aus dem Boden. Und ein bisschen sehen sie auch so aus: Ladesäulen für Elektrofahrzeuge. Die Stationen zum umweltfreundlichen Aufladen des eigenen fahrbaren Untersatzes finden sich in jüngster Zeit immer mehr in der Saalestadt.

Allein in den vergangenen sechs Wochen haben die Stadtwerke sieben neue Ladesäulen errichtet. Elektrofahrzeuge sieht man dagegen eher selten an eben jenen Ladepunkten stehen - und das, obwohl das Laden derzeit noch völlig kostenlos ist. Wie passt das zusammen?

Gratis-Strom für E-Autos: Weil der Bund die Finanzierung der Säulen fördert

Aktuell gibt es 15 Ladesäulen mit insgesamt 28 Ladepunkten in Bernburg. Der überwiegende Teil gehört mit 13 Standorten zu den Stadtwerken. Die restlichen 2 wurden vom Betreiber der Wasserkraftanlagen errichtet. Der Strom zum Laden der Fahrzeuge ist aktuell noch für jeden Nutzer kostenlos. Die Motivation dahinter fällt bei beiden Anbietern unterschiedlich aus.

„Den Hype um E-Mobilität halte ich für völlig übertrieben. Die Politik denkt hier zu eindimensional“, sagt Gerald Bieling, Geschäftsführer der Stadtwerke Bernburg. Die Ladesäulen habe man hauptsächlich deswegen ausgebaut, weil aktuell Fördergeld zur Verfügung steht. Tatsächlich fördern Bund und Länder den Ausbau der sogenannten Ladeinfrastruktur.

„In Ballungsräumen mag das anders aussehen, aber bei uns ist der Bedarf nicht da“, so Geschäftsführer Gerald Bieling

Allein das Programm auf Bundesebene schüttet nach derzeitiger Finanzplanung bis zum Jahr 2020 insgesamt rund 300 Millionen Euro aus. Den Strom biete man von Seiten der Stadtwerke schlichtweg deswegen kostenlos an, weil die Abrechnung der einzelnen Ladevorgänge teurer wäre als die kostenlose Einspeisung.

„In Ballungsräumen mag das anders aussehen, aber bei uns ist der Bedarf nicht da“, so Bieling. Zumal der Großteil der Ladevorgänge ohnehin zu Hause und nicht innerorts stattfinden würde.

„Früher oder später wird sich jeder beim Neukauf mit dem Thema E-Autos auseinandersetzen“, ist Mathias Mönchmeier überzeugt

Der Eigentümer der Wasserkraftwerke in Bernburg, Mathias Mönchmeier, sieht das anders. Für ihn ist E-Mobilität Überzeugungssache: „Als Produzent regenerativer Energie sehen wir es als unseren Beitrag, E-Mobilität auf die Straße zu bringen.“ Als Wasserkraftwerk habe man den Strom und den Platz, um kostenlose E-Ladesäulen anzubieten. Deswegen gebe es auch schon seit über vier Jahren die Ladesäulen sowohl auf der Mühleninsel als auch an der ehemaligen Papierfabrik.

Genutzt werden diese jeweils im Schnitt von einem Fahrzeug pro Tag. „Früher oder später wird sich jeder beim Neukauf mit dem Thema E-Autos auseinandersetzen“, so Mönchmeier. Dafür müsse aber die notwendige Infrastruktur vorhanden sein.

Gratis-Strom für E-Autos: In Bernburg gibt es nur 12 zugelassene Fahrzeuge

Die Frage ist weniger, ob E-Mobilität grundsätzlich ein Thema sein wird, als vielmehr, wann und wie der Ausbau stattfindet. In Bernburg gibt es die paradox anmutende Situation, dass es zwar 28 Ladepunkte gibt, aber gerade mal zwölf zugelassene Fahrzeuge mit E-Kennzeichen (80 im Salzlandkreis). Selbst bei regem Durchgangsverkehr werden die Stationen nach aktuellem Bedarf wohl kaum an ihre Belastungsgrenzen kommen.

Auf der anderen Seite bleibt offen, ob die Masse der Endverbraucher ohne ein dichtes Netz an E-Säulen überhaupt in Betracht ziehen würden, sich ein Elektroauto anzuschaffen.

Dazu kommt, dass das Angebot an Neuwagen für viele hinter den Erwartungen zurückbleibt. Nach Auskunft verschiedener Bernburger Autohäuser, die namentlich nicht genannt werden möchten, gibt es aktuell nicht nur kaum Nachfragen nach E-Autos, sondern auch nur ein sehr begrenztes Angebot von Herstellerseite.

Technische Hürden, beispielsweise eine zu geringe Reichweite, würden viele vom Kauf abschrecken. Im kommenden Jahr sei hier aber Besserung zu erwarten. (mz)