Gastronomie in Bernburg Gastronomie in Bernburg : Café statt Kegeln

Bernburg - „Ich hätte gern noch die zwei Jahre bis zur Rente weitergemacht“, sagt Ralf Sommerlatte. Doch nun packt der 63-jährige Gastronom seine Koffer im Kegelfreizeitcenter, nachdem er eine Pachterhöhung der Bernburger Freizeit GmbH (BFG) um weitere 23 Prozent nicht akzeptiert hat.
„Ich gehe mit einem weinenden und einem lachenden Auge“, sagt der Wirt, der am Sonntag, 25. September, bis 18 Uhr zum letzten Mal den Kochlöffel für seine Gäste schwingt.
Keine Feier geplant
Eine besondere Feier plane er nicht. Dafür ist offenbar auch zu viel Porzellan zerbrochen worden. „Mir ist quasi die Pistole auf die Brust gesetzt worden“, kritisiert er die Art und Weise seines Abschiedes. Und das nach 21 Jahren. Nachdem das Freizeitcenter im August 1995 eröffnet hatte, fungierte Sommerlatte für die BFG fünf Jahre als dessen Leiter, ehe er sich hier als Gastronom selbstständig machte.
Er hätte erwartet, dass mit ihm wenigstens mal über die Pachtanhebung verhandelt werde, zumal er seit der Wiedereröffnung nach der Flutkatastrophe 2013 schon 8 000 Euro mehr pro Jahr zahlen muss. Sicherlich, räumt Sommerlatte ein, sei die Pacht vor 20 Jahren sogar dreimal so hoch wie aktuell gewesen.
„Doch das waren andere Zeiten. Das Freizeitangebot ist einfach zu groß mittlerweile. Über die B 6n oder A 14 sind die Leute schnell im Harz, in Halle oder Magdeburg. Und wir liegen auch in Bernburg etwas ab vom Schuss.“ Fünf Hochwasser habe er erlebt, nur beim jüngsten sei auf die Pachtzahlung verzichtet worden. Diese stetigen Durststrecken, steigende Stromkosten und jetzt noch der Mindestlohn: „Es funktioniert einfach nicht mehr“, zieht Sommerlatte einen Schlussstrich unter die mehr als zwei Jahrzehnte währende Ära an der Krumbholzallee. Noch nicht aber unter sein Berufsleben. „Dazu fühle ich mich zu fit.“
Neue Herausforderung
Er übernimmt ab kommenden Monat das Café im Nicolaimarkt. „Brot, Brötchen, Kuchen liefert wie bisher die Bäckerei Siegmann, auch das Imbissangebot bleibt“, sagt der 63-Jährige, dem zwei Mitarbeiterinnen und eine Pauschalkraft folgen. „Wir bieten auch ein Catering an, im Café sind kleinere Feiern möglich.“
Eigentlich hatte der gebürtige Bernburger Schmied gelernt. „Der Beruf machte mir auch Spaß.“ Doch schon während seiner Gesellenzeit kellnerte und kochte er nebenbei für die HO. Ihn reizte die Abwechslung des Gastgewerbes und der Kontakt zu seinen Mitmenschen.
„Ich konnte mit ihnen alle Freuden und Sorgen teilen.“ An der Abendschule absolvierte er Ausbildungen zu Koch, Kellner und Gaststättenleiter, arbeitete unter anderem im Vorwärtsheim (heute „Schifferklause“), „Lindencafé“, „Haus der Werktätigen“, in der „Goldenen Kugel“. Sommerlatte blieb dieser Berufung treu, auch seinem geliebten Bernburg. „Bis auf eine Ausnahme, als ich in den 70er Jahren während der Box-EM nach Halle abkommandiert wurde“, erinnert er sich - wie an viele schöne Feiern. „Das Schönste für mich war immer, meine Gäste glücklich zu sehen.“
Nachfolger in den Startlöchern
Sein Nachfolger Frank Conrad, der nach einer Ausschreibung vom BFG-Aufsichtsrat den Zuschlag bekommen hat, stehe bereits in den Startlöchern. „Ich wünsche ihm alles Gute und dass er das Objekt hier mindestens so lange wie ich betreibt“, sagt Ralf Sommerlatte. Und vielleicht schaut er, der mit seinen zwei Hunden weiter am PSV-Sportplatz wohnen bleibt, hin und wieder im Kegelfreizeitcenter vorbei - dann als Gast. (mz)