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Autobiografie Franz-Viktor Salomon veröffentlicht Autobiografie "Lukas - eine deutsche Erzählung" in der Bernburg eine tragende Rolle spielt

Von Torsten Adam 17.04.2016, 12:45
Professor Franz-Viktor Salomon am Lieblingsplatz seiner Kindheit auf dem Bernburger Martinsplatz.
Professor Franz-Viktor Salomon am Lieblingsplatz seiner Kindheit auf dem Bernburger Martinsplatz. Engelbert Pülicher

Bernburg - „Bernburg, das ist absolute Heimat für mich“, sagt Professor Franz-Viktor Salomon. Die Heimatstadt seiner Großeltern, wo Opa Erich von 1924 bis zum Tod 1960 als Technischer Direktor maßgeblich an der Weiterentwicklung der Siederslebenschen Landmaschinen (heute Pöttinger) mitwirkte, spielt deshalb auch eine tragende Rolle im vor wenigen Wochen erschienenen Buch „Lukas - eine deutsche Erzählung“. Es ist der erste Teil einer Autobiografie des 72-Jährigen, die mit enormem Detailreichtum seine eigene Kindheit und Jugend ebenso wie das Leben der Menschen in der DDR überhaupt beschreibt.

Den Namen „Lukas“ hat Salomon aus gutem Grund gewählt. Die griechische Übersetzung bedeutet „der ins Licht Getretene“ - ein Sinnbild für das Leben des Autors zwischen politischem Häftling und anerkanntem Experten auf dem Gebiet der Veterinärmedizin. Er lässt seine Leser teilhaben an seinem eigenen Aufwachsen in einer systemkritischen Familie und verknüpft diese Zeitreise gekonnt mit den damaligen Lebensumständen der Menschen und zeitgeschichtlichen Geschehnissen. Ihm ist damit ein Buch gelungen, das bei älteren Bernburgern viele Erinnerungen an die Zeit der 50er Jahre wecken wird.

Bernburg ist für ihn ein Anker

Der junge Lukas gehört zu jener Generation, die „Klapperlatschen“ und Igelitschuhe an den Füßen trägt, die künstliche Leberwurst isst und tägliche Stromsperren erlebt. In seinem Schulranzen gibt es noch die Schiefertafel und das Pennal. Durch häufige Umzüge der Eltern wechselt er oft die Schulen, wohnt in Leipzig, Mittweida, Cottbus und Frankfurt/Oder. Ein fester Anker über all diese Zeit bleibt aber Bernburg. Liebevoll sind die Erinnerungen insbesondere an den Großvater, mit dem ihn ein inniges Verhältnis verbindet. Dieser nimmt seinen Enkel mit zu den wöchentlichen Doppelkopfrunden in die Gaststätte von Fritz Kopitz am Karlsplatz oder in die Landmaschinenfabrik, wo der Küchenchef dem Jungen ein Extrasüppchen kocht.

Franz-Viktor Salomon ist 1943 als Sohn eines Tierarztes in Leipzig geboren worden. Einen Teil seiner Kindheit und Jugend verbrachte er bei den Großeltern in Bernburg. Nach zweijähriger Inhaftierung im DDR-Jugendknast Torgau aus politischen Gründen konnte er wider Erwarten doch noch in die Fußstapfen seines Vaters treten und Veterinärmedizin in Leipzig studieren. Er erwarb 1975 den Doktortitel und habilitierte 1982 zum Professor. Der Universität seiner Heimatstadt blieb er bis 2009 als Dozent und Leiter der veterinärmedizinischen Fakultät treu. Der inzwischen 72-Jährige schrieb mehrere tiermedizinische Lehrbücher „Lukas - eine deutsche Erzählung“ ist der erste Teil seiner Biografie.

Der Vater von vier Kindern lebt im nordrhein-westfälischen Hilden und betreibt dort gemeinsam mit seiner Frau Sabine eine Tierarztpraxis. Politisch engagiert er sich für die AfD im Kreistag.

Ins Gedächtnis eingeprägt haben sich aber auch die nahe der großelterlichen Stadtvilla am Martinsplatz gelegene Eisdiele Brehmer, das Café Schilling auf dem Boulevard und die hölzernen Gastrich-Getränkebuden in der Stadt. Ebenso die Konfirmation in der Martinskirche, das Herumtoben mit den Spielkameraden im Garten, die Ausflüge zum Saale-Badestrand und zum Bärengehege am Schloss oder die Rad- und Mopedtouren in die Umgebung. Und an Margit, das Mädchen mit dem kurzen strohblonden Haar und dem hübschen, fröhlichen Gesicht - seine erste große Liebe.

Kurz vor dem Abitur stehend, wird Lukas wie sein Freund Rüdiger von der Staatssicherheit verhaftet. Weil beide 16-Jährigen mit einer kleinen Gruppe gleichgesinnter Mitschüler über Möglichkeiten des Widerstands gegen das Regime nachgedacht hatten. Mehr als ein paar Notizen zu einem politischen Programm hatten sie nicht zu Papier gebracht. Lukas wird dennoch zu einer 22-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt, die er zu großen Teilen als Koch in der Jugendhaftanstalt Torgau absitzt. Als er 1962 entlassen wird, steht die Berliner Mauer. Die letzte Fluchtmöglichkeit, über die der Junge wie seine Eltern in den Jahren zuvor immer wieder nachgedacht hatte, ist abgeschnitten.

Ostdeutschland bleibt Heimat

„Ein Freund wollte mit mir durch den Harz abhauen. Er wusste, dass unter Hochspannungsleitungen keine Minen lagen“, erzählt Salomon. Ihm sei die Flucht tatsächlich geglückt. „Bei mir war die Angst zu groß, erwischt zu werden und erneut in Haft zu kommen.“ So blieb der junge Mann in der DDR, fand hier doch noch seine Berufung. Und immer wieder zog es ihn nach Bernburg zurück, wo er an der Hochschule für Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft ein postgraduales Fernstudium absolvierte. Der Liebe wegen hat es Salomon später zwar nach Nordrhein-Westfalen verschlagen, doch Heimat ist für ihn nur Ostdeutschland. Nach dem Schließen der Tierarztpraxis in Hilden hat sich das Paar eine Rückkehr nach Leipzig fest vorgenommen, um dort den Lebensabend zu verbringen.

Momentan arbeitet Salomon an der Fortsetzung seiner Biografie. Dann wird auch verraten, ob er seine Jugendfreundin Margit jemals wiedergesehen hat. An eine Veröffentlichung seiner Erstlingserzählung habe er anfangs gar nicht gedacht, sollten die Zeilen doch eigentlich die Familiengeschichte für die eigenen Kinder dokumentieren. „Dann haben Freunde mir zugeraten, es zu veröffentlichen“ - eine gute Entscheidung für alle heimatgeschichtlich interessierten Bernburger.

Das broschürte Buch ist im Twenty-six-Verlag erschienen, umfasst 656 Seiten und 45 Kapitel. Im Buchhandel ist es für 22,99 Euro unter der ISBN-Nummer 978-3-7407-0680-7 bestellbar. (mz)