Er wollte immer unterrichten
Bernburg/MZ. - Vor genau 47 Jahren kam er als Kind von Einsiedel bei Chemnitz nach Bernburg, machte hier sein Abitur und studierte schließlich Pädagogik in Potsdam. Nach vier Jahren war er Lehrer für Deutsch und Geschichte. In der Bernburger Humboldtschule erhielt der junge Mann die erste Stelle und auch eine Klasse. Das war 1966. "Ich habe immer gern unterrichtet", erinnert er sich. Damals ahnte er noch nicht, dass er Jahre später in die Schulverwaltung wechseln würde.
Bereits nach zwei Jahren ist er stellvertretender Schulleiter und damit für die Stundenpläne und die materielle Sicherstellung der Unterrichts zuständig. Die Probleme, die Lehrer damals haben, sind für junge Lehrer oder die Schüler von heute kaum noch nachvollziehbar. So ging es vor allem darum, dass genügend Kohle da war und man früh warme Klassenräume hatte. "Der Heizungskeller der Humboldtschule war bei Hochwasser immer überschwemmt", erinnert sich Peter Möbius.
Und auch die Schülerzahlen sind mit denen von heute nicht vergleichbar. Über 1000 Schüler besuchten die Humboldtschule, die heute die Otto-Dorn-Schule ist. "Das hat drei Wochen gedauert, bis der neue Stundenplan erstellt war", sagt Möbius und erinnert sich dabei vor allem an seinen damalige Kollegen Herrmann Pieper. Gemeinsam mit dem Chemielehrer erarbeitete er die Pläne. "Kleine bunte Nägel haben wir in die große Tafel für den Stundenplan gehämmert - für jedes Fach eine andere Farbe", erklärt Möbius.
Er muss das gut gemacht haben. Denn schon bald wurde er Schulleiter an der Bernburger Liebknechtschule. 1976 wird Möbius in die Abteilung Volksbildung beim damaligen Rat des Kreises berufen. Er ahnt nicht, dass er dort bis zur Rente arbeiten wird. "Ich wollte immer zurück an eine Schule", sagt er. Kaum ein Tag sei vergangen, an dem er sich das nicht gewünscht habe, gestand er kürzlich bei seiner Verabschiedung in der Kreisverwaltung. Aber so einfach war das nicht. Wohl auch deshalb, weil er immer versucht, seine Arbeit so gut wie möglich zu machen. Dabei verliert er nie den Kontakt zu den Lehrerkollegen, für deren Probleme er immer ein offenes Ohr hat.
Und so kommt doch Wehmut bei der Erinnerung an seine Verabschiedung auf. Viele der Schuldirektoren, die gekommen waren, habe er ja auch noch unterrichtet oder zumindest mit ihnen zusammen gearbeitet. Die Tränen von Heidrun Hummel rührten ihn. Vielleicht, weil er immer eine besonders engen Kontakt zur Leiterin der Otto-Dorn-Schule hatte. Mitte der 90er Jahre war er es, der sich für den Umbau der Humboldtschule, seiner ersten Schule, zur Lernbehindertenschule stark gemacht hatte.
Vor allem die Zeit nach der Wende verlangt dem Amtsleiter, der im Herzen immer Lehrer geblieben ist, einiges ab. Da wurden die vielen einzügigen Schulen auf den Dörfern geschlossen. Dabei macht er deutlich, dass er als Verwaltungsmann immer die Vorgaben des Gesetzgebers umgesetzt hat. Und so wurmte ihn jede Schulschließung, die der Kreistag mit jedem neuen Schulentwicklungsplan beschlossen hat. "Jede Schulschließung ist schmerzhaft, denn es geht immer um Kinder", so Möbius.
Und so hat er sich neben alten Lehrmitteln in seinem Büro auch ein Transparent aufgehoben. "Denkt an uns", haben Schüler darauf geschrieben, als sie im Kreistag gegen die Schließung ihrer Schule protestierten. Solche Debatten kontrovers zu führen, gehöre ganz einfach dazu, sagt der scheidende Schulamtsleiter, dessen Credo, alles "im besten Einvernehmen mit Schülern und Eltern" zu klären, schon fast legendär ist. Das mag nicht immer geklappt haben.
"Aber meine Arbeit ist getan", geht Peter Möbius nicht unzufrieden in den Ruhestand. Schließlich habe er mit seinen Mitarbeitern auch viel erreicht, alle Schulen seien gut ausgestattet, auch wenn mancher Wunsch offen blieb. "Aber nicht der neue Stuhl sondern Inhalte und Kontinuität sind wichtig", sagt er.
Jetzt werde er sich vor allem Zeit für die Gartenarbeit nehmen und mit seiner Frau viel Rad fahren. Nicht mit dem alten Klapprad, das ihm auf dem Weg zur Arbeit gute Dienste leistete. Nein, er hat sich ein neues Fahrrad gekauft. Einen Wunsch hat Peter Möbius noch: "Ich wünsche mir, dass Schule nicht bürokratisiert wird. Lehrer sollen Zeit für Schüler haben." Es zeigt sich auch hier der Pädagoge.